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es wahrscheinlich ist, daß ein Congreß zu einer gütlichen Lösung derselben
verhelfen würde. Erstens, was Polen anlangt, so ist diese Frage für Frank-
reich, Oesterreich oder Großbritannien keine neue. Mehrere Monate lang
haben diese Mächte, während sie sich jeder Drohung sorgfältig enthielten, von
Rußland durch freundliche Vorstellungen die Annahme von Maßregeln hei-
lender Natur zu erlangen gesucht, aber nichts erreicht als oft wiederholte
Versprechungen, daß sobald die Insurrection unterdrückt sei, Milde und Ver-
söhnung eintreten solle. Würde es da etwas frommen im Namen eines Con-
gresses Vorstellungen zu wiederholen, welche bereits mit so geringem Erfolg
gemacht worden sind? — Ist es wahrscheinlich, daß ein Congreß im Stande
sein würde, bessere Bedingungen für Polen zu sichern, es wäre denn durch
vereinigte Anwendung von Wassengewalt? Durch Rußlands militärisches Ueber-
gewicht und seine schonungslose Strenge ist mittlerweile ein beträchtlicher
Vortschritt zur Unterwerfung der Insurgenten gemacht. Läßt sich erwarten,
daß Rußland im Stolz seiner Stärke das bewilligen werde, was es in den
frühern Tagen seiner Entmuthigung verweigert hat? Würde es auf den bloßen
Wunsch des Congresses ein unabhängiges Polen herstellen Aber wenn Ruß-
land nicht wollte, dann wird die Aussicht: entweder eine Demüthigung für
Europa, oder Krieg mit Rußland, und diejenigen Mächte, welche die Kosten
und Wagnisse eines solchen Kriegs nicht auf sich nehmen wollen, müssen also
wohl die andere Alternative zu vermeiden wünschen. Es läßt sich zudem in
Wahrheit sagen, daß die jetzige Zeit eine Uebergangsperiode ist. Wenn der
Aufstand unterdrückt ist, dann wird sich's zeigen, ob die Versprechungen des
Kaisers von Rußland in Erfüllung gehen! Wird der Aufstand nicht unter-
drückt, oder wird, um ihn zu unterdrücken, das polnische Volk mit neuer und
— wenn das möglich ist — mit erschwerter Strenge behandelt, so werden
sich andere Fragen ergeben, welche weitere Erwägung ersordern mögen, aber
welche in einer großen Versammlung von Repräsentanten aller Mächte Eu-
ropa's kaum eine Lösung finden würden. In der That ist zu besorgen, daß
von Tag zu Tag austauchende Fragen, gefärbt von den wechselnden Ereig-
nissen der Stunde, vielmehr zu nutzloser Debatte als zu praktischer und nütz-
licher Berathung Anlaß geben würden in einem Congreß von 20—30 Re-
xräsentanten, der keine oberste Autorität anerkennte, und durch keine festen
Verfahrungsregeln geleitet wäre. Gehen wir zur italienischen Frage über,
so ergeben sich frische Schwierigkeiten, Erstens ist es die Absicht, durch einen
neuen Vertrag den jetzigen Besitzstand in Italien zu sanctioniren? Der Papst
und die den abgesetzten Fürsten verwandten Souveräne könnten sich einerseits
weigern, dem König von Italien einen ihm bis jetzt vorenthaltenen Titel zu
geben; und der König von Italien andererseits würde sich wahrscheinlich einer
Anordnung widersetzen, die ihn, implicit wenigstens, von der Erwerbung Roms
und Venetiens auszuschließen schiene. — Oder ist beabsichtigt, von Oesterreich
im Congreß den Verzicht auf Venetien zu verlangen? J. Maj. Regierung
hat guten Grund zu glauben, daß kein österreichischer Repräsentant einem
Congreß beiwohnen würde, wo ein solcher Vorschlag zur Verhandlung käme.
Wir wissen, daß, wäre ein solches Vorhaben im Voraus angezeigt, so würde
Oesterreich es ablehnen, überhaupt den Congreß zu beschicken, und würde die
Frage ohne Anzeige aufs Tapet gebracht, so würde der österreichische Minister
sofort die Versammlung verlassen. Also auch in dieser Hinsicht würde der
Congreß sich bald im Angesicht der Alternative befinden: Nullität oder Krieg.
Allein ist es möglich einen Congreß zu versammeln, und einen italienischen Reprä-
sentanten zum Sitz darin einzuladen, ohne den Zustand Venetiens zu discutiren?
Der Kaiser der Franzosen wäre wohl die erste Person, welche die Unmöglichkeit
eines solchen Verfahrens fühlte und einräumte. — Was Deutschland und
Dänemark betrifft, so ist es wahr, daß mehrere von den Mächten Europa's
sich bei dieser Frage interessirt haben, aber die Zugabe Spaniens, Portugals,
Italiens und der Türkei zur Berathung würde die Aussicht auf eine befrie-