Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

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sanctionirt, kann sie nicht verfehlen, gehört zu werden, weil ich im Namen 
Frankreichs spreche.“ 
5. Nov. An demselben Tage noch gehen die an alle Souveräne Euro— 
pa's gleichlautend gerichteten (vom 4. Nov. datirten) Einladun- 
gen des Kaisers nach Paris zu dem angekündigten Congresse ab: 
„Angesichts der Ereignisse, welche täglich auftauchen und sich drängen, halte 
ich es für unumgänglich, meine vollen Gedanken den Souveränen auszu- 
sprechen, denen das Schicksal der Völker anvertraut ist. 
„Jedesmal wenn starke Stöße die Grundlagen der Staaten erschüttert und 
deren Grenzen verändert haben, griff man zu feierlichen Transactionen, um 
die neuen Elemente zu verbinden und die vollendeten Umgestaltungen zu sich- 
ten und zu heiligen. Dies war der Gegenstand des Westfälischen Friedens 
im 17. Jahrhundert und der Wiener Verhandlungen 1815. 
„Auf dieser letzteren Grundlage ruht augenblicklich das politische Gebäude 
Europas. Und dennoch, Sie wissen es, stürzt dasselbe von allen Seiten zu- 
sammen. 
„Wenn man die Lage der verschiedenen Völker aufmerksam betrachtet, so 
ist es unmöglich, zu verkennen, daß fast auf allen Punkten die Wiener Ver- 
träge zerstört, verändert, vergessen und bedroht sind. Daraus folgen Pflichten 
ohne Regel, Rechte ohne Titel und Forderungen ohne Zügel, — eine um so 
furchtbarere Gefahr, als die durch die Civilisation herbeigeführten Vervoll- 
kommnungen, welche die Völker unter sich durch die Solidarität ihrer mate- 
riellen Interessen verbunden haben, den Krieg nur noch zerstörender machen 
würden. 
„Es ist dies ein Gegenstand ernsten Nachdenkens. Warten wir es nicht 
ab, einen Ausweg einzuschlagen, bis plötzliche, unwiderstehliche Ereignisse unser 
Urtheil trüben und uns wider Willen in entgegengesetzte Richtungen treiben 
würden. 
„Ich will Ihnen deshalb, um die gegenwärtige Lage zu regeln und die 
Zukunft zu sichern, einen Congreß vorschlagen. 
„Auf den Thron gerufen durch die Vorsehung und den Willen des fran- 
zösischen Volkes, doch erzogen in der Schule des Unglücks, ist es mir viel- 
leicht weniger als irgend einem Andern gestattet, die Rechte der Souveräne 
oder die berechtigten Ansprüche der Völker zu verkennen. Auch bin ich bereit, 
ohne ein vorgefaßtes System in den internationalen Congreß den Geist der 
Mäßigung und Gerechtigkeit zu bringen, das gewöhnliche Erbtheil derjenigen, 
welche so viel verschiedene Prüfungen durchgemacht haben. 
„Wenn ich die Initiative für eine solche Eröffnung ergreife, so geschieht 
es nicht aus Eitelkeit; aber, da ich derjenige Souverän bin, dem man am 
meisten ehrgeizige Pläne zutraut, so liegt es mir am Herzen, durch diesen 
freien und ehrlichen Schritt den Beweis zu führen, daß es mein einziges 
Ziel ist, ohne Zögern zur Herstellung des Friedens in Europa zu kommen. 
Wird mein Vorschlag angenommen, so bitte ich Sie, Paris zum Versamm- 
lungsort zu wählen. 
„Falls die mit Frankreich alliirten und befreundeten Fürsten es angemessen 
finden sollten, durch ihre persönliche Gegenwart die Bedeutung der Bera- 
thungen zu erhöhen, so werde ich stolz darauf sein, ihnen meine herzliche 
Gasifreundschaft zu bieten. 
„Europa wird vielleicht einiges Gewicht darauf legen, daß die Hauptstadt, 
von welcher so oft das Signal zu Erschütterungen gegeben worden ist, zum 
Sitz der Conferenzen werde, welche bestimmt sind, die Grundlage für eine 
allgemeine Pacification festzusteleen 
23. Nov. Auf die Anfrage des englischen Cabinets theilt die französische 
Regierung demselben einige Andeutungen über die ihrer Ansicht
	        
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