9. Schweden und Uorwegen.
5. Jan. (Schweden). Ein königl. Rescript befiehlt, dem Reichstage
den Entwurf einer neuen Verfassung vorzulegen:
„Das schwedische Volk hat unter dem Beistand der Vorsehung seine Frei-
heit dermaßen bewahrt und seine Entwicklung so weit gefördert, daß es unter
den Völkern, die auf der Bahn der Nationalfreiheit vorwärts schreiten, seine
Stelle mit Ehren einnimmt. Dazu würde es ohne eine Repräsentation, die
auf nationalem Boden erwachsen und je nach den Forderungen der Zeit dus-
gebildet worden, nicht gelangt sein. Die mit der Zeit in der Nation eintre-
tenden Aenderungen erfordern auch beständige Aenderungen in seiner Reprä-
sentationssorm. Die vier Stände, welche früher das Volk in eben so viele
Classen theilten, haben längst begonnen, sich theils unter einander, theils mit
neuen ihnen zur Seite entstandenen Classen zusammenzuschmelzen. Zum Ge-
deihen des Vaterlandes kann die Standeseintheilung innerhalb der Repräsen-
tation nicht länger beibehalten werden, als sie im Volk selbst einen festen
Grund findet. Es mußte daher von hohem Belang erscheinen, bevor dieser
Boden selbst morsch würde, eine zeitgemäßere Form an die Stelle der alten zu
setzen. Se. kgl. Majestät, welche in den neulich angenommenen Communal=
Verfassungen einen neuen Beweis zu finden geglaubt, daß die Standesbegriffe,
welche in denselben keine Berücksichtigung gesunden, einen großen Theil ihrer
Bedeutung verloren haben und um so weniger eine sichere Unterlage für eine neue
Repräsentationsform bilden können, fühlt sich von seiner Königspflicht bewogen,
jetzt eine Lösung der Frage über eine Umgestaltung der Repräsentation her-
beizuführen, wie sie von der allgemeinen Meinung des Landes sehnlichst er-
wünscht wird; und überzeugt, daß die Reichsstände, in höchsteigener Vater-
landsliebe, bereitwillig sind, für das, was sie als die Anforderung des allge-
meinen Wohls ansehen, alte Rechte sowohl als neue Ansprüche und kleinere
Meinungsverschiedenheiten zu opfern, wollen Se. Majestät hiermit den Reichs-
ständen zur Prüfung in grundgesetzlicher Weise die Vorschläge zu einer neuen
Reichstagsordnung und den damit zusammenhängenden Aenderungen in der
Regierungsform vorlegen, welche die Nalionalpräsentation in der Weise zu
ordnen bezwecken, die Sr. k. Majestät mit den jetzigen Verhältnissen der Ge-
sellschaft am übereinstimmendsten und für deren künftige Entwicklung am besten
geeignet erscheinen."
Grundzüge des kgl. Verfassungsentwurfs: Die Landesvertre-
tung, welche den historischen Erinnerungen zu lieb den Namen „Reichstag“
auch ferner führt, soll in zwei gleichberechtigte Kammern zerfallen. Privat-
anträge können in beiden eingebracht werden; die Regierungsvorschläge gelan-
gen an beide, und die eine hat in Gesetzgebungsangelegenheiten ein Veto ge-
genüber der andern, mit Ausnahme jedoch des Staatsbudgets, da die Kosten