Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

10. Däncmarke. 
–– 
5. Jan. Die Vermittlungsvorschläge Englands in der deutsch- 
dänischen Streitfrage werden von der dänischen Regierung wieder- 
holt entschieden abgelehnt (s. Jahrg. 1862 S. 235 und 318): 
Depesche Hall's an den dänischen Gesandten in London: 
„ . Lord Russel versichert uns abermals, daß das britische Cabinet den 
Wunsch hegt, die Existenz und Integrität Dänemarks zu erhalten; aber diese 
Integrität würde Lord Russel durch seinen Vorschlag unfehlbar vernichten, 
indem er die Monarchie in eine Anzahl von Bestandtheilen spalten will, 
die jeder einzeln in Wirklichkeit alle Attribute der Souveränetät besitzen und 
nur durch einen Staatsrath verbunden sein würden, eine Art gemeinsamer 
Repräsentativversammlung zwar, die aber, von Anfang an, zur Ohnmacht 
verdammt, in kurzer Frist ganz zu bestehen aufhören würde. Ich bedaure es 
sagen zu müssen, aber Lord Russel's letzte Depesche sieht ganz darnach 
aus, als ob er diese Zerstückelung der Monarchic schon als vollendete That- 
sache betrachtete. Er geht in der That von der Idee aus, daß nur eine durch 
die Person des Souveräns allein verknüpfte Union von Staaten vorhanden 
sei, und durchaus nicht von dem bis jetzt durch das europäische Staatsrecht 
ausschließlich anerkannten Princip, daß die dänische Krone eine Einheit reprä- 
sentirt. Kurz, jene Monarchie, die das britische Cabinet zu erhalten wünscht, 
würde durch Lord Russel's Vorschlag ihrer Unabhängigkeit, ihrer Lebenskraft 
beraubt, indem er eine Regelung der constitutionellen Angelegenheiten begün- 
stigt, die sich durch nichts empfiehlt, als daß sie von den deutschen Mächten 
in Vorschlag gebracht worden ist. — Es steht uns nur Ein Weg offen, und diesen 
einzuschlagen, hat die kgl. Regierung sich gewillt erklärt. Wir müssen uns 
einerseits der Nothwendigkeit fügen, denholsteinischen Ständen die vom Bun- 
destage für sie geforderte Stellung einzuräumen, aber mit den Vorbehalten, die 
erforderlich sind, damit diese Provinz nicht Herr und Schiedsrichter der übri- 
gen Monarchie werde. Andrerseits muß Schleswig von der Einwirkung des 
Bundes ausgeschlossen und bezüglich der gemeinsamen Angelegenheiten in seinen 
constitutionellen Beziehungen zum Königreiche bleiben. Der erste Punkt wird 
jeden Vorwand zu einer Bundesexecution in Holstein aufheben. Der zweite 
ist für die Existenz des dänischen Staats eine unumgängliche Bedingung.“ 
16. Jan. Die dänische Regierung lehnt auch gegenüber Rußland, das sie 
befürwortet hatte, die englischen Vermittlungsvorschläge 
in der deutsch-dänischen Streitfrage entschieden ab: 
Depesche Hall's an den dänischen Gesandten in St. Peters- 
burg: „ . Meine Antwort an die engl. Regierung zeigt, wie irrig die Mei- 
nung sein würde, die im Bundestage in Frankfurt die oberste schiedsrichterliche 
Gewalt in allen Verfassungsangelegenheiten in den zum Bunde gehörigen 
Ländern sähe. Was wir über den Streit gesagt haben, der einmal zwischen 
den deutschen Großmächten und dem Bunde entstehen könnte, wenn dieser sich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.