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stehenden diplomatischen Schritte der europäischen Großmächte wo
möglich die Spitze abzubrechen, eine bedingte Amnestie an:
„. .. In Unserer Fürsorge für die Zukunft des Landes wollen Wir alle
vergangenen Acte der Empörung der Vergessenheit übergeben. Demgemäß be—
willigen Wir, voll dem sehnlichen Wunsche beseelt, dem Blutvergießen, welches
eben so fruchtlos für die einen als schmerzlich für die anderen ist, ein Ziel zu
setzen, allen Unseren Unterthanen im Königreich, welche sich bei den letzten
Unruhen betheiligt haben, vollständige Verzeihung, wenn ihnen für andere
Verbrechen oder für in den Reihen Unserer Armee verübte Vergehen keine
Verantwortlichkeit zur Last sällt, und wenn sie bis zum 1. (13.) Mai die
Waffen niederlegen und zum Gchorsam zurückkehren. Uns liegt die Verpflich-
tung ob, das Land vor der Wiederkehr jener ordnungswidrigen Agitation zu
bewahren und seinem politischen Leben eine neue Aera zu eröffnen. Diese
kann nur durch eine rationelle Organisation der Autonomie in der Localver=
waltung, als Grundstein des ganzen Gebäudes, eingeführt werden. Wir ha-
ben in den dem Königreich durch Uns verliehenen Institutionen die Grund-
lagen dazu gegeben; zu Unserem aufrichtigen Bedauern hat aber das Resultat
noch nicht der Prüfung der Erfahrung unterworfen werden können in Folge
der Aufreizungen, welche an die Stelle der für jede Reform unerläßlichen Be-
dingungen der öffentlichen Ordnung Chimären der Leidenschaft gesetzt haben.
Indem Wir auch heute noch diese Institutionen in ihrer Integrität aufrecht
erhalten, behalten Wir Uns vor, wenn sie sich in der Praxis bewährt haben
werden, mit deren weiterer Entwickelung nach den Bedürfnissen der Zeit und
des Landes vorzugehen. Nur allein durch das Vertrauen, welches das Land
Unsern Absichten gegenüber zeigen wird, wird das Königreich Polen die Spuren
des gegenwärtigen Unglücks verwischen und sicher auf das Ziel losgehen können,
welches Unsere Fürsorge ihm bezeichnet. Wir rufen hiezu den göttlichen Bei-
stand an, damit es Uns vergönnt sei, das, was Wir immer als Unsere Mis-
sion betrachtet haben, zu erfüllen.“
„ (Polen). Die geheime Nationalregierung verwirft sofort die
durch den Telegraphen gemeldete Amnestie des Kaisers: „Wir er-
klären entschieden, daß wir jede Gnade verwerfen. Denn wir haben
den Kampf begonnen, nicht um mehr oder weniger freie Institutio-
neu zu gewinnen, die unter der moskowitischen Regierung niemals
irgend eine Garantie uns bieten können, sondern um das uns ver-
haßte Joch abzuwerfen und vollständige Unabhängigkeit und Freiheit
zu erkämpfen. Die Nation vergießt ihr Blut, denn sie will poli-
tische Eristenz, denn sie will Unabhängigkeit, will eine selbststän-
dige Nation bilden. In wessen Brust ein echtes polnisches Herz
schlägt, der wird bei der Erinnerung an die vielen Grausamkei-
ten der moskowitischen Regierung, beim Anblick so vieler frischer
Grabhügel und so vieler Opfer, beim Anblick der rauchenden
Trümmer unserer Städte und Dörfer, beim Anrblick des noch nicht
erkalteten Blutes unserer hingemordeten Brüder, nur mit Schaudern
an irgend einen Vertrag mit Moskau denken können, wird die Am-
nestie mit Verachtung von sich weisen und mit der ganzen Nation
ausrufen: Weg mit Czarengnade, wir haben das Schwert ergriffen,
das Schwert allein wird unsern Streit mit Moskau entscheiden.“
17. „ Die Gesandten Frankreichs, Englands und Oesterreichs übergeben
gleichzeitig und mit identischen Begleitschreiben dem russischen Ca-
binet die Noten ihrer resp. Höfe zu Gunsten Polens.