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Partei gelungen, die polnische Frage auf den Boden der europäischen Diplo-
matie zu stellen. Es handelte sich darum, glauben zu machen, die Unord-
nungen des Königreichs seien keineswegs die Thaten einer Minorität, sondern
wirklicher Ausfluß einer wahrhaft nationalen Bewegung. Die Dimission des
Erzbischofs mußte diesem politischen Manöver ein großes Gewicht geben. Auch
geschah es, daß, im Augenblick, wo Msgr. Felinski in Warschau seine Di-
mission einreichte und sie auf die Vorstellungen des Großfürsten wieder zu-
rückzog, der Moniteur in Paris sie als angenommen darstellte. Die Wir-
kung auf die Discussion des gesetzgebenden Körpers in Paris war also her-
vorgebracht. Auch dießmal noch gelang es dem freundlichen, doch festen Worte
des Großfürsten Statthalters den Erzbischof zu einer gerechteren Würdigung
der Zurückhaltung, welche ihm der Charakter, mit dem er bekleidet sei und
die Pflichten gegen seinen Herrscher auferlegten, zurückzuführen. Indessen
wenige Tage später kannte ganz Warschau den Inhalt dieses Aussatzes, die
fremde Presse gab mehrere Lesearten desselben; der Wortlaut selbst wurde zu-
letzt der Oefsentlichkeit übergeben. Als Msgr. Felinski den an Se. Maj. den
Kaiser gerichteten Brief vorlegte, war man gerade am Vorabend der beim
französischen Senat angekündigten Discussionen wegen der Petitionen zu Gun-
sten Polens. Man begreift daher den Einfluß, welchen ein so offenkundiger
Beitritt des Erzbischofs von Warschau zum Programm der Actionsprrtei aus-
üben mußte. Die Indiscretion, welche sie den Commentaren des Publikums
überliefert, genau in dem Augenblick als die Mächte über die Repliken dis-
cutiren, welche sie den Regressivnoten des kais. Cabinets machen wollten, war
so berechnet, daß der ganze Erfolg, den man von einem solchen Schritt er-
wartete, eintraf. Ohne zu prüfen, bis zu welchem Punkt das Verfahren des
Msgr. Felinski sich mit seinen Pflichten als hoher geistlicher Würdenträger,
der durch einen Treueschwur an den Herrscher gebunden und mit seinem per-
sönlichen Vertrauen bekleidet war, vereinigen läßt, mußte das kais. Cabinet
daraus schließen, daß dieser Prälat, indem er zwischen den Eingebungen seines
Gewissens und äußern Antrieben schwankte, nicht mehr dem Zweck entspreche,
welchen man durch seine Ernennung in einem schwierigen Augenblick, wo es
darauf ankam, die moralische Autorität der. Religion von dem Standpunkt
wieder zu erheben, auf welchen man sie hatte sinken lassen, indem man unter
ihrem geheiligten Mantel die Berechnungen der politischen Leidenschaften ver-
barg, hatte er#ichen wollen. Es ist augenscheinlich, daß diese Schwächen den
Exzbischof der Gefahr aussetzten, unter den Händen einer Partei, welche ent-
schlossen war, vor keinem Mittel zurückzuschrecken, ein um so gefährlicheres
Instrument zu werden, als er aufrichtig und überzeugt war. Diese Betrach-
tungen haben seine Berufung nach Rußland motivirt."
(Litthauen). General Murawiew belegt die sämmtlichen lie-
genden Güter des (polnischen) Adels der Provinz willkürlich mit
einer Abgabe von 10 1
„In Kenntniß gesetzt, daß meine Projecte, betreffend die Belastung der
liegenden Güter des Adels mit einstweiliger zehnprocentiger Abgabe von dem
von ihm selbst ermittelten und declarirten Ertrage des in ihrem Besitz sich
befindenden Ackerlandes, die höhere Bestätigung erhalten haben, beauftrage ich
Ew. Exc., um das Eintreiben der Abgabe vom grundbesitzenden Adel des
Ihnen anvertrauten Guberniums desto leichter zu bewerkstelligen, unverzüglich
entsprechende Anordnungen auf der Basis folgender Hauptprincipien zu treffen:
1) Die Eintreibung der zehnprocentigen Abgabe kreisweise nach den zu diesem
Zweck verfertigten Plänen, aus allen dem Adel gehörigen Gütern, und zwar
durch die Kriegskreiscommissäre und die ihnen untergebene Landespolizei zu
bewerkstelligen. 2) Zur Einbringung der von den Grundeigenthümern zu
zahlenden Abgabe einen siebentägigen Termin zu bestimmen. Sollte irgend
einer der Grundbesitzer in der bestimmten Zeit die von ihm zu zahlende Ab-
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