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unseres erhabenen Gebieters und den Gefühlen der russischen Nation sein.
Zudem würde er ein Resultat haben, welches geradezu im Widerspruch mit
dem von Lord Russel empfohlenen stände.
„Was die Idee einer Conferenz der acht Mächte betrifft, die den
Wiener Vertrag unterzeichneten, auf welchem die als Basen zu Grunde ge—
legten sechs Punkte erörtert werden sollten, so erblicken wir in ihr ernstliche
Unzuträglichkeiten, ohne daß wir im Stande wären, irgend einen Vortheil
darin zu sehen. Wenn die betreffenden Maßregeln zur Pacifikation des Landes
hinreichen, so erscheint eine Conferenz zwecklos. Sollten hingegen die Maß-
regeln weiterer Erwägung unterbreitet werden, so würde daraus eine directe
Einmischung fremder Mächte in die intimsten Verwaltungsdetails erfolgen,
eine Einmischung, welche keine Großmacht gestatten darf, und welche England
in Bezug auf seine eigenen Angelegenheiten sich sicher nicht gefallen lassen
würde. Eine solche Einmischung würde weder dem Geiste noch dem GBuch--
staben der Wiener Verträge entsprechen, auf Grundlage derer wir die Mächte
zu einem freundschaftlichen Ideenaustausche eingeladen haben; sie würde die
Wirkung haben, das Ziel, welches sie sich gesteckt haben, noch weiter in die
Ferne zu rücken, indem sie die Regierung ihres Ansehens und ihrer Autorität
beraubte, und die Ansprüche und Illusionen der polnischen Agitatoren noch
erhöhte. Das im Jahre 1815 beobachtete Verfahren scheint uns klar genug,
die Beschaffenheit der Berathungen anzudeuten, welche über Fragen stattfinden
können, die einerseits auf allgemeine Interessen, und andererseits auf admi-
nistrative Details Bezug haben, welche ausschließlich in den Bereich der be-
nachbarten souveränen Staaten fallen. Damals ward in der Praxis ein
Unterschied zwischen diesen beiden verschiedenartigen Interessen festgestellt. Die
einen waren Gegenstand besonderer Verhandlungen zwischen den Höfen Ruß=
lands, Oesterreichs und Preußens, zwischen welchen die geschichtlichen Ueber-
lieferungen eine fortwährende Berührung und unmittelbare Nachbarschaft, eine
innige Solidarität geschassen hatten. Alle Bestimmungen, welche die innere
Verwaltung und die gegenseitigen Beziehungen der seit dem Wiener Congresse
unter ihre Herrschaft gestellten polnischen Gebietstheile regeln sollten, sind in
Verträgen niedergelegt, welche am 21. April (3. Mai) 1815 direct zwischen
diesen drei Höfen abgeschlossen wurden. Später wurden sie durch eine Reihe
besonderer Conventionen vervollständigt, so oft die Umstände es erheischten.
Bloß die in diesen Verträgen erwähnten allgemeinen Grundsätze, welche Eu-
ropa interessiren konnten, wurden in die Wiener Congreßacte vom 29. Mai
(9. Juni) aufgenommen, die von allen dazu eingeladenen Mächten unter-
zeichnet ward. Gegenwärtig handelt es sich nicht um diese allgemeinen Grundsätze;
doch würden die administrativen Details und weiteren Arrange-
ments einen brauchbaren Gegenstand zur Discussion durch die drei Mächte ab-
geben, um die Stellung ihrer polnischen Besitzungen, auf welche sich die Bestim-
mungen der Verträge von 1815 erstrecken, in Einklang mit den Anforderungen
der Gegenwart und dem Fortschritte der Zeit zu bringen. Das kaiserliche Ca-
binet erklärt sich schon jetzt bereit, in ähnliche Unterhandlungen mit den Ca-
binetten von Wien und Berlin zu treten. Jedenfalls ist die Wiederherstel-
lung der Ruhe eine unerläßliche Bedingung, die jeder ernstlichen Anwendung
der ur Pacificirung des Königreichs bestimmten Maßregeln vorhergehen
mußf.
Antwort an Frankreich: „ . Wir schätzen uns glücklich, zu sehen,
daß das Tuileriencabinet gleichfalls dem Gedanken, der uns bei der Beant-
wortung ihres ersten Schrittes leitete, Gerechtigkeit widerfahren läßt. Dieser
Gedanke entsprang nicht allein aus dem Wunsche, einem Begehren, das uns
in freundschaftlichster Form ausgedrückt worden war, zu genügen. Er war
uns außerdem durch das Gefühl der moralischen Solidarität vorgeschrieben,
welche, gegenüber der offenkundigsten Action der revolutionären Ele-
mente aller Länder, die sich heute in dem Königreiche Polen