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22. Juni. (Aegypten.) Die Pforte und der Vicekönig von Aegypten
suchen sich über die Suezcanal-Frage direct zu verständigen. Der
Vicekönig schickt zu diesem Zwecke Nubar Pascha nach Konstantinopel.
2. Juli. (Serbien.) Die Pforte genehmigt den von der europälschen
Commission beantragten neuen Festungsrayon für Belgrad.
17. „ (Donaufürstenthümer.) Ein unter Milkowski's Führung
stehendes Polencorps wird von den Truppen der Donaufürsten-
ehuner verhindert, die russische Gränze zu überschreiten und ent-
waffnet.
29. „ (AMegypten.) Nubar Pascha kehrt mit Instructionen der
Pforte bezüglich des Suezcanals versehen nach Aegypten zurück.
24. Oct. (Donaufürstenthümer.) Der Fürst entläßt das bisherige
Ministerium und bildet ein neues unter dem Vorsitze von Kogal-
nitschano.
15. Nov. (Donaufürstenthümer.) Eröffnung der Nationalversamm-
lung. Thronrede des Fürsten:
„Die Uneinigkeit, welche während der letzten Kammersession zwischen meiner
Regierung und der Versammlung geherrscht, hat nur die Wirkung gehabt,
das Werk unserer Reorganisation um ein Jahr zu verzögern. Beseelt von
dem Wunsche, jedes Mißverständniß zwischen den beiden Gewalten zu besei—
tigen, habe ich ein neues Ministerium ernannt, und habe Sie unmittelbar
darauf einberufen. Mein Ministerium wird sich Ihnen mit dem festen Willen,
die früheren Conflicte zu beseitigen, vorstellen; es wird das leicht werden
durch die gegenseitige Achtung der Rechte meiner Regierung und der Rechte
der Kammer, wie sie durch die Convention vom 7./19. Aug. 1858 festgestellt
sind. Ich bin glücklich, daß ich Ihnen sagen kann, daß unsere auswärtigen
Beziehungen die allerbesten sind. Die hohe Pforte und die garantirenden
Mächte fahren fort, unserer nationalen Reorganisation sympathisirende Er-
muthigungen zukommen zu lassen... Das Gleichgewicht unserer Finanzen
ist seit mehreren Jahren gestört. Mein Ministerium wird Ihnen eine Aus-
einandersetzung der finanziellen Lage geben, Ihnen gleichzeitig das Budget für
1864 vorlegen, sowie die Rechnungen des Jahres 1861. Wenn die Finanz-
fragen beseitigt sind, so werden andere Fragen Ihre Aufmerksamkeit in Anspruch
nehmen. Das Land wartet noch auf die neue Organisation, welche ihm durch
die Convention versprochen ist. Indem ich mehr als irgend jemand wünsche,
die Bedürfnisse des Landes vollständig zufriedenzustellen, habe ich meinem
Ministerium eine Reihe von Gesetzentwürfen empfohlen, welche, hinzugefügt
zu denen, die in den letzten Sitzungen berathen wurden, bestimmt sind unsere
Reorganisation zu vervollständigen. Der Gesetzentwurf, welchen ich ganz be-
sonders Ihrer Aufmerksamkeit empfehle, ist derjenige, welcher das Geschick
er Bauern betrifft. Sie werden nicht vergessen haben, daß der Art. 45 der
Convention bestimmt, „daß ohne Zögerung das Gesetz, welches die Beziehun-
gen der Grundeigenthümer zu den Bebauern des Bodens regelt, einer Revi-
sion unterworfen werde, um den Zustand der Bauern zu verbessern.“ Die
Landbevölkerung wartet nichtsdestoweniger noch auf die Erfüllung dieses Ver-
sprechens. Die Bauernfrage ist in diesen Räumen schon debattirt worden, und
ein Gesetzentwurf wurde durch die Mehrheit der Kammer des Jahres 1862
genehmigt. Ich habe dieses Votum nicht sanctioniren können, denn es entsprach
meinen Wünschen nicht, ja selbst nicht den Wünschen derjenigen, welche es