Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

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Deutschland. 
Sache den angestrebten Erfolg nicht nur nicht zu erreichen vermag, sondern 
sogar besondere politische Nachtheile herbeizuführen droht, so hält die kurfürst- 
liche Regierung, wie sie glaubt in wahrhaft föderativer Gesinnung, eine wei- 
tere Verfolgung dieser Angelegenheit für nicht räthlich, und vermag deshalb 
den gestellen Mehrheitsanträgen des Ausschusses ihre Zustimmung nicht zu 
ertheilen.“ 
Votum Oesterreichs: „... Die Verfassung des deutschen Bundes 
wird nach ihrer Ansicht nicht mehr auf die Dauer von dem Einflusse der 
volksthümlichen Staatseinrichtungen unberührt bleiben können, die nunmehr 
in allen deutschen Ländern herrschen. Zwischen der Bundesverfassung und 
den Verfassungen der Einzelstaaten wird die nothwendige Uebereinstimmung 
und ein lebendiger Zusammenhang hergestellt werden müssen. Gelänge dieß 
nicht, so müßten in Zukunft der Wirksamkeit des Bundes immer engere 
Schranken gezogen werden. Der Bund würde sich lockern, statt sich zu be- 
festigen. Die kais. Regierung verschließt sich nicht dieser Erkenntniß, aber sie 
hegt zugleich die tiefe Ueberzeugung, daß die Aufgabe zeitgemäßer Entwicke- 
lung der Gesammtverfassung Deutschlands an strenge Bedingungen ge- 
bunden ist, an Bedingungen, die nicht ohne Gefahren von unberechenbarer 
Ausdehnung übertreten werden können. Das Wohl der Fürsten, und Völker 
Deutschlands, ja der europäischen Gesellschaft verlangt, daß diese Entwickelung 
allmählich und auf der sicheren Grundlage des bestehenden Vertrags= und 
Verfassungsrechtes fortschreite. Die Bestrebungen für Bundesreform dürfen 
nicht Wege einschlagen, noch sich in Formen kleiden, die sich für die eigen- 
thümliche Natur und die Verhältnisse des deutschen Staatenvereins nicht eig- 
nen. Sie müssen die ganze Nation in ihrer allein durch den Bundestag er- 
haltenen und gewährleisteten Einheit umfassen. Sie dürfen den Bundeskörper 
nicht verkleinern, kein Mitglied des Bundes dem andern unterordnen, nicht 
das Wesen des Bundes als einer Vereinigung unabhängiger und zu freier 
Selbstbestimmung in gleichem Maße berechtigter Staaten zerstören oder unter- 
graben. Sie dürfen endlich nicht plötzlich und gewaltsam in den regelmäßigen 
Gang des Verfassungslebens der Einzelstaaten eingreifen. Entschlossen, diese 
Bedingungen unverrückt einzuhalten, sieht die kais. Regierung dieselben in dem 
Vorschlage vollkommen gewahrt, die Entwürfe gemeinsamer Gesetze für Deutsch- 
land einer Versammlung von Abgeordneten der Ständeversammlungen zur 
Berathung vorzulegen. Sie ist weit entfernt, durch diesen Vorschlag in seiner 
jetzigen Gestalt und in seiner vorübergehenden Bestimmung die Aufgabe der 
Ausbildung der deutschen Bundesverfassung für erschöpft zu halten. Aber sie 
wird in dem von Deutschlands Regierungen in wohlmeinender Absicht und 
in voller Freiheit gefaßten Beschlusse, zunächst für den bestimmten gerade jetzt 
zu erreichenden Zweck zum erstenmale eine Versammlung von Mitgliedern 
deutscher Volksvertretungen zu gemeinsamer Berathung zu berufen, einen 
bedeutsamen ersten Schritt und eine wohlberechnete Uebergangsmaß- 
regel erblicken. Und sie vermag dem Einwande, daß eine Maßregel solchen 
Gewichtes dem wahren Bedürfnisse der Nation nicht entgegenkomme, irgend 
eine Berechtigung in so lange wenigstens nicht zuzugestehen, als diese Einrede 
weder auf eine klare Begriffsbestimmung gestützt noch durch den Hinweis auf 
irgend einen Vorschlag bestärkt sein wird, welcher eben so rechtmäßig in seiner 
Begründung, wie derjenige, welchen die Mehrheit des Ausschusses empfiehlt, 
denselben an innerem Gehalt und fördernder Wirkung übertrifft.“ 
Nach erfolgter Abstimmung gibt Oesterreich eine Erklärung 
ab, der sich diejenigen Gesandten, welche mit Oesterreich gestimmt 
hatten, sowie der braunschweig-nassauische Gesandte für Nassau 
anschließen: 
    „ . . . Nachdem aber nun diese Hoffnung getäuscht worden, glaubt die 
kais. Regierung den ernsten Anforderungen der Lage nicht durch einen un-
	        
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