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Ergänzungen. (England.)
sich aller gegen Dänemark eingegangenen Verbindlichkeiten,
einschließlich des Vertrags von 1852, enthoben halten. Da—
mit, daß der Zusammentritt des neuen Reichsraths blos verschoben worden,
könnten sie sich nicht begnügen. Ich sagte, er werde wohl zufrieden sein, wenn
der König die Erklärung erließe, daß die Verfassung nicht in Bezug auf
Schleswig in Kraft gesetzt werden könne. Wenn die Frage nicht durch den
gegenwärtigen Reichsrath, der mit dem Ende des Jahres aufhöre, erledigt
würde, so könnte es nothwendig werden, den neuen Reichsrath einzuberufen,
der dann allein das Gesetz ändern könnte. Se. Exc. sagte, vorausgesetzt, daß
Schleswig durch irgend einen königlichen Akt vor dem 1. Januar von der
Wirksamkeit des Gesetzes ausgenommen würde — denn am 1. Januar solle
die neue Verfassung in Kraft treten — so liege ihm wenig daran, welche
Versammlung die schließliche Abschaffung des Gesetzes vornähme. Er sei indeß
überzeugt, der König werde seine jetzigen Minister entlassen müssen; ein coup
d'état wäre die beste Lösung der Schwierigkeit. Die Sache sei, daß Deutsch-
land nie auf gutem Fuße zu Dänemark stehen werde, so lange in Dänemark
die gegenwärtigen demokratischen Staatseinrichtungen beständen. Ich sagte,
daß ich es bedauerte, diese Sprache zu hören, die einer Erklärung gleich komme,
daß die deutschen Regierungen wirklich im Begriffe seien, die inneren Einrich-
tungen einer unabhängigen Monarchie abzuändern; und ich hob gegen Herrn
v. Bismark eindringlich hervor, welche Gefahr die deutschen Regierungen
liefen, Revolution im Innern zu erregen, indem sie den Planen der schles-
wig-holsteinischen Partei die Hand böten. Nichts, sagte ich, könne das Auf-
treten des Prinzen von Augustenburg rechtfertigen. Ich schloß das Gespräch,
das von Herrn v. Bismark mit der größten Artigkeit geführt wurde, indem
ich ihn ersuchte, mir ein Memorandum über die Forderungen der
deutschen Mächte zu geben. Herr v. Bismark war dazu gern bereit,
und es wurde demnach ein Memorandum (das ich in Abschrift beschließe)
aufgesetzt, welches, wie wir überein kamen, falls der König und der österrei-
chische Gesandte es billigen, von Herrn v. Bismark, dem Grafen Carolyi und
J. Maj. Gesandten paraphirt werden soll."
Memorandum: Die öSsterreichische und die preußische Regierung ver-
langen, daß die dänische Regierung die von 1851—1852 eingegangenen Ver-
bindlichkeiten ausführe, so daß, abgesehen von den Bundesbanden, welche Hol-
stein allein angehen, Schleswig mit dem Königreich Dänemark nicht enger
verbunden sei als Holstein. Sie erachten daher, daß die Verfassung vom
18. Nov. 1863 eine Verletzung der Verbindlichkeiten Dänemarks ist, und sie
verlangen, daß die dänische Regierung vor dem 1. Januar Maßregeln treffe,
damit jene Verfassung nicht in Bezug auf Schleswig in Wirksamkeit gesetzt
werde. Nachdem solche Maßregeln ergriffen sein werden, erwarten sie Vor-
schläge über die Art, wie die Versprechungen von 1851—52 erfüllt werden
sollen, von Dänemark zu erhalten.
13. Dec. Lord Wodehouse meldet dem Grafen Russel, daß er mit dem Grafen
Karolyi, dem österreichischen Gesandten in Berlin, eine Unterredung gehabt,
und darüber nicht mehr zu sagen habe, als daß derselbe sich über die deutsch-
dänischen Wirren eben so äußere, wie Hr. v. Bismark. An demselben Tage
schreibt Lord Wodehouse, daß Hr. v. Bismark ihm gesagt: das Memoran-=
dum sei von dem österreichischen Gesandten und auch vom König gutge-
heißen, und werde daher in der angegebenen Weise paraphirt werden. Zum
drittenmal schreibt Lord Wodehouse an demselben Tage: er freue sich zu sehen,
daß die Sprache, die er gegen Hrn. v. Bismark über die Gefahr eines Auf-
stands in Holstein geführt, einigen Eindruck auf ihn gemacht habe; so sage
ihm Hr. v. Bismark: der Bundestag werde bewogen werden, Maßregeln
gegen die Bildung von Freischaaren zu ergreifen, und die preußische Regierung
werde sich sofort mit dem Prinzen von Augustenburg in Correspondenz
setzen und ihn zu bewegen suchen, nicht nach Holstein zu gehen.