Hörsentcurse. 363
mit dem Fallen schon lange vorausgeeilt, denn der 5. Nov. traf sie ungefähr bei den
niedrigsten Notirungen des Jahres, während die deutschen Plätze den Sommer über
ziemlich gestiegen waren. Freilich ward von oben her alles aufgeboten, um die Börse,
deren Hülfe man momentan bedurste, in erträglicher Laune zu erhalten. Aber am
6. Nov., einen Tag nach der Eröffnung der Kammern, sah sich die Bank genöthigt,
den Disconto auf 6 pCt. und am 12. Nov. auf 7 pECt. zu erhöhen. Am 3. Dec.
endlich wurde der Finanzbericht des Hrn. Fould veröffentlicht. Er kam der Bärse,
wenn auch nicht unerwartet, doch ungelegen. Hr. Fould hatte bei der Conversion
erklärt, das große Buch werde nun nicht weiter geöffnet werden. Aber schon ein
Jahr später muß er eine Anleihe von 300 Mill. aufnehmen. Daß der Minister sich
nur ungern zu einem Geständniß entschloß, das seinem finanziellen Rufe einen schweren
Stoß versetzte, versteht sich von selbst. Die Anleihe wurde indeß von den Kammern
in den letzten Tagen des Jahres ohne Widerstand votirt. Die Börse schleppte sich
aber den Rest des Jahres ohne alles Leben hin. Sie sah den weitern und den enge-
ren Congreß verscheiden, ohne irgend welche Theilnahme zu bezeigen. Die Bank von
Frankreich schloß das Jahr mit einem Baarvorrath von ctwa 175 Mill. gegen eine
Notencirculation von über 800 Mill. ab. Die Bilanz der Börse war nicht viel gün-
stiger und alles mahnte zu großer Vorsicht. Man notirte in Paris am 31. Dec.:
1861 "
1862 1863
3 pCt. Rente 67,55 69,55 66,35
Credit Mobilier 727,50 1155 1035
Span. Credit Mobilier 418 820 610
Italienische Rente 66 72 71,40
Bezüglich Italien ist das wesentlichste schon bemerkt, da der größte Theil
des neuen Anlehens in Frankreich untergebracht wurde. Die Finanzlage der an-
gehenden Großmacht hat sich überhaupt nicht gebessert. Die Erträgnisse der Steuern
sind immer noch unbefriedigend und das Defizit bleibt ein wahrhaft erschreckendes.
Das unaufhörliche Drängen der Italiener nach dem Besitze Roms und Venedigs ist
nicht zum geringsten Maße eben daraus zu erklären, daß sie der Ansicht sind, das
junge Königreich werde sonst an finanzieller Zerrüttung zu Grunde gehn. Wenn
wir dennoch die italienischen Staatspapiere am Schlusse 1863 nicht niedriger sehen,
als vor einem Jahre, so ist das fast ausschließlich der schon erwähnten Patronage
des Hauses Rothschild zuzumessen.
Rußland hatte das ganze Jahr hindurch mit der polnischen Insurrection
zu kämpfen und ist durch dieselbe auch finanziell wieder bedeutend zurückgeworfen
worden. Die gemachten Anstrengungen zu Wiederaufnahme der Metallzahlungen ha-
ben sich als erselglos bewiesen. Das successive Herabsetzen des Agios mußte einge-
stellt und damit die Einlösung der Noten ganz aufgegeben werden. In den letzten
Monaten des Jahres klopfte Rußland an allen Geldmärkten wegen einer neuen An-
leihe an, ohne seinen Zweck zu erreichen. Indessen behaupteten russische Fonds an
den auswärtigen Märkten mit seltenen Ausnahmen eine große Festigkeit.
Für die weitere Entwickelung der österreichischen Valuta erwies sich das
Jahr nicht sehr günstig. Obwohl die durch die neue Bankacte dem Staat erwach-
senen Verpflichtungen getreulich erfüllt worden sind, obwohl die Schuld des Staates
an die Bank sich im Laufe des Jahres um 31 Mill. fl. und der Notenumlauf um
30,2 Mill. fl. vermindert haben, schloß die Bankvaluta doch mit einem gegen das
Vorjahr um 3 PCt. verschlechterten Kurse. Wäre es der Finanzverwaltung vergönnt
gewesen, die nächsten Jahre ohne eine neue Inanspruchnahme der Nationalbank das
Staatsruder zu führen, so hätte sich die Bankacte immerhin als wirksam zur Her-
stellung der Valuta erweisen mögen. Diese Aussicht war aber bereits sehr zweifelhaft
geworden als schon wieder zum allerletzten Aushülfsmittel einer jeden Finanzver-
waltung, zu einer unverzinslichen Lotterieanleihe geschritten werden mußte und ist
wohl jetzt in Folge des Krieges gegen Dänemark gänzlich geschwunden, da dieser fast
ohne Zweifel Verwickelungen herbeiführen wird, die kaum annehmen lassen, daß es
gelingen sollte, ohne eine abermalige Hülfe durch die Nationalbank damit fertig zu
werden. Denn wenn trotz alles dessen was der Staagt im Laufe d. J. 1863 der