Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1863. 373
„dem polnischen Volke der Friede wieder geschenkt und auf dauernder Rußland.
„Grundlage befestigt werden möge.“ Frankreich und Oesterreich stützten
sich aus verschiedenen Motiven weniger auf die Verträge von 1815 und
die daraus für Rußland herzuleitenden Verpflichtungen, sondern suchten
mehr aus den auch von England in zweiter Linie hervorgehobenen Ver-
hältnissen ihre Forderung zu begründen, daß es für die russische Regierung
an der Zeit sein dürfte, sich nach den Mitteln umzusehen, Polen die Be-
dingungen eines „dauerhaften Friedens“ zu gewähren. Alle drei Depe-
schen wurden von Rußland unter dem 26./27. desselben Monats beant-
wortet, am ausführlichsten diejenige der englischen Regierung. Das rus-
sische Cabinet erklärte, daß es nie anstehe, die Discussion auf dem Boden
der Verträge aufzunehmen, deren Auslegung es freilich sich selbst reservirte;
es gab zu, „daß bei der eigenthümlichen Stellung des Königreichs Polen
„die Unruhen in demselben die Ruhe der angrenzenden Staaten stören
„können, zwischen welchen am 3. Mai 1815 die Separatverträge abge-
„schlossen worden seien, welche bestimmt waren, das Schicksal des Herzog-
„thums Warschäu zu regeln, und daß sie auch jene Mächte interessiren
„könnten, welche die allgemeine Uebereinkunft vom 9. Juni 1815 unterzeich-
„net haben“ und daß darum „Erörterungen auf diesen Grundlagen und in
:·dem Geiste der eben an das russische Cabinet gerichteten Mittheilungen
vein dem allgemeinen Interesse entsprechendes Ergebniß herbeiführen könnten."
Schließlich konnte es freilich nicht umhin, die Mächte seinerseits darauf
aufmerksam zu machen, daß, seiner Anschauung nach, die polnische Infur-
rection nur den fortdauernden Aufhetzungen der über ganz Europa aus-
gebreiteten kosmopolitischen Revolutionspartei zuzuschreiben sei und daß
daher die Mächte zu der gewünschten Pacification Polens am meisten selbst
beitragen könnten, wenn sie jene Quelle derselben verstopfen würden. Die
drei Mächte erkannten die Antwort Rußlands für befriedigend, namentlich
daß dasselbe der Idee zuzustimmen schien, die ganze Frage in einer Con-
ferenz der Wiener Congreßmächte zur Erörterung bringen zu lassen und
bemühten sich, über die Grundlagen einer solchen Conferenz sich zu ver-
ständigen. Oesterreich, das in der ganzen Frage zunächst betheiligt war,
übernahm es, diejenige Punkte zu formuliren, durch die der Zweck einer
dauernden Pacification Polens erreicht werden könnte und die zugleich der
Art wären, daß sie Rußland gewähren dürste, ohne seiner Würde oder
seinen wohlverstandenen Interessen etwas zu vergeben. Die Vorschläge
Oesterreichs wurden von England und Frankreich nach längeren Verhand-