Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

388 Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1863. 
Dautfs- zugleich die Garantie bot, daß von einem Druck auf die Regierungen 
keine Rede sein konnte und zweitens Preußen zum Verzicht auf seine bis- 
herigen Pläne und zum Eintritt in diesen neuen Organismus zu bewegen. 
Der Plan wurde in Wien im Laufe des Juli in allen seinen Einzeln- 
heiten festgestellt und die Ausführung energisch in die Hand genommen. 
Durch eine von Oesterreich ungewohnte Schnelligkeit sollte sie überraschen, 
durch ihren Glanz imponiren. Die erste Mittheilung wurde an Preußen 
gemacht, die Entgegennahme ließ aber sofort ahnen, daß dem Gelingen 
des Plans von dieser Seite fast unübersteigliche Hindernisse entgegen stan- 
den. Am 2. August machte der Kaiser dem Könige von Preußen, der 
von Hrn. v. Bismarck begleitet damals in einem österreichischen Bade, 
in Gastein, verweilte, einen Besuch, theilte ihm die bereits erwähnte Denk- 
schrift über die nicht länger zu verschiebende Nothwendigkeit einer Reform 
der deutschen Bundesverfassung mit und enthüllte ihm seine Absicht, die 
sämmtlichen deutschen Fürsten persönlich zu einem Congreß nach Frank- 
furt a. M. einzuladen und denselben den Entwurf einer im Einzelnen 
ausgearbeiteten Reformacte, deren Grundzüge der Kaiser andeutete, vor- 
zulegen. Der König verwarf den Plan, der ihm ganz unerwartet 
kam und dessen nähere Ausführung ihm noch nicht mitgetheilt wurde, 
keineswegs absolut, aber er hatte dagegen allerlei gewichtige Bedenken 
einzuwenden und glaubte nicht, daß es sich darum handle, ihn jedenfalls 
sofort ins Werk zu setzen. Noch ehe indeß der Kaiser wieder abreiste, 
brachte ein Adjutant desselben dem Könige die förmliche Einladung zu dem 
vorgeschlagenen Congresse und zwar schon auf den 16. desselben Monats. 
Ohne die Antwort Preußens abzuwarten, gingen alsbald auch die Einla- 
dungen an die sämmtlichen übrigen deutschen Fürsten ab. Jetzt lehnte Preußen 
die Einladung seinerseits ab und als der Kaiser den König aufforderte, 
sich, wofern ihn selbst seine Gesundheit an der Theilnahme verhindere. 
wenigstens durch einen Prinzen seines Hauses vertreten zu lassen, wurde 
das gleichfalls sofort abgelehnt. Die Hoffnung Oesterreichs, auch Preußen für 
seinen Plan, wenigstens für ein vorläufiges Eingehen auf denselben zu 
gewinnen, war also, wenn sie im Ernste wirklich je gehegt worden, ver- 
eitelt. Dagegen entsprachen die übrigen deutschen Fürsten ohne wesent- 
liche Ausnahmen sämmtlich der Cinladung des Kaisers und am 16. August 
sah Frankfurt die deutschen Fürsten mit zahlreichem Gefolge in seinen 
Mauern vereinigt. Am 17. eröffnete der Kaiser die glänzende Versamm- 
lung und legte seinen Mitfürsten den auch ihnen bisher im Einzelnen noch
	        
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