36
Deutschland.
organisation und ertheilt demselben mit den angebrachten Modifi—
cationen ihre einstimmige Genehmigung.
9. Mai. (Kurhessen). Die Regierung lehnt den Antrag der Stände-
versammlung wegen Entschädigung der 1850 entlassenen Staats-
diener ab. Die Ständeversammlung spricht sich einstimmig für den
Erlaß einer Gewerbeordnung im Sinne vollständiger Gewerbe-
freiheit aus.
12. „ (Hessen-Darmstadt). Die ll. Kammer beschließt mit 35
gegen 5 (adelige) Stimmen, die Regierung um Revision des Preß-
gesetzes zu ersuchen.
13. „ (Hannover). Der Ausschuß des Celler Volks-Kirchentages
erklärt in einer Ansprache an die evang. Gemeinden die Bitten
und Wünsche des Landes in den wesentlichsten Punkten für nicht
erfüllt durch die k. Verordnung v. 29. v. M., erkennt aber in der-
selben doch immerhin einen Fortschritt und ermahnt zu lehafter
Theilnahme an den Wahlen für die Vorsynode.
14. „ (Hannover). Aufruf der Hannover'schen Fortschrittspartei be-
züglich der bevorstehenden Landtagswahlen:
„ . . . Die Vergangenheit der neu eingetretenen Minister ist uns eine Ga-
rantie dafür, daß ein ungesetzlicher oder unsittlicher Druck auf die Wahlen
vom Ministerium nicht versucht werden wird. Dem Lande wird also, trotz
der großen Mängel des durch einseitige Verordnungen wiederhergestellten
Wahlgesetzes vom Jahre 1840, Gelegenheit geboten, durch die Wahl seiner
Vertreter nicht allein ein Urtheil abzugeben über die jüngstverflossene Reac-
tionsperiode, sondern entscheidend mitzuwirken für die so lange vergeblich er-
sehnte Herstellung besserer Zustände. Erfüllen die Wähler ihre Pflicht auch
nur zum kleinen Theile, so wird Hannover endlich einmal wieder eine zweite
Kammer erhalten, welche nicht in unterwürfiger Hingebung an die Wünsche
oder Befehle der Minister die wesentliche Aufgabe einer Landesvertretung sucht;
sondern welche, in dem vollen Gefühle ihrer verfassungsmäßigen Rechte und
Verantwortlichkei, selbständig mitarbeitet an den Angelegenheiten des Vater-
andes.
„Leicht wird freilich die Aufgabe der nächsten Ständeversammlung nicht
sein. Sieben Jahre lang hat das vorige Ministerium nach Kräften gear—
beitet, die so glücklich begonnene Entwicklung des öffentlichen Lebens zu unter-
brechen und zurückzuschrauben, einseitig alte, nicht mehr auf die jetzigen Zu-
stände passende Verfassungsvorschriften wieder in das Leben zu rufen, mit
den durch die äußerste Anspannung aller Mittel zusammengebrachten will-
fährigen Kammern einen großen Theil der segensreichen Gesetzesvorschriften
aus der Zeit von 1848 bis 1855 zu beseitigen, durch eine ungeheure Stei-
gerung aller Ausgaben, verbunden mit der Beseitigung der nothwendigsten
Befugnisse der Stände und des Schatzcollegiums bei der Controle des Staats-
haushalts unsere so blühenden Landesfinanzen ernstlich zu gefährden. Manches
Jahr hindurch wird es der vollen Hingebung unabhängiger, einsichtiger und
patriotischer Männer in der Ständeversammlung bedürfen, sollen feste Ver-
fassungszustände, gesunde Grundsätze der Gesetzgebung und ein sparsamer ge-
sicherter Staatshaushalt wiederhergestellt werden.
„Durch die ohne Zustimmung der Ständeversammlung einseitig er-
lassene Verordnung vom 1. August 1855. ist eine Reihe wichtiger Verfassungs-
vorschriften, namentlich über die Zusammensetzung beider Kammern, we-
sentlich abgeändert. Diese Verordnung enthält einen Eingriff in das öffentliche