Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

Uebersicht der Ereignisse des Lahres 1863. 401 
von 1851—52 gegründeten Rechte und Ansprüche zunächst Holsteins, 
dann auch Schleswigs entsponnen, der sich auf die unerquicklichste Weise 
durch die letzten- 12 Jahre hindurchschleppte, ohne zu irgend einem 
Resultate zu führen. Wie ein Aal wand sich Dänemark Deutschland 
gegenüber, um seinem gegebenen Worte zu entschlüpfen, während es in den 
Herzogthümern selbst alle Mittel der Gewalt in Bewegung setzte, um sie 
seinem Willen zu beugen. Mehr als einmal beschloß der Bund Erecution 
in Holstein, aber jedesmal ging er wieder zurück und setzte sie vorerst 
wieder aus, sobald Dänemark auch nur eine kleine Concession und selbst 
diese nur scheinbar zu machen versprach. Wo es nur möglich war, sprach 
sich die öffentliche Meinung in Deutschland laut und energisch zu Gunsten 
der schwer gekränkten Rechte nicht bloß Holsteins, sondern auch Schleswigs 
aus, ohne jedoch einen wesentlichen Einfluß auf die der ganzen Angelegen- 
heit in ihrer Mehrheit nur wenig geneigte Bundesversammlung in Frank- 
furt ausüben zu können. Die Widerstandskraft der Herzogthümer mußte 
endlich, so dachte Dänemark, erlahmen, die öffentliche Meinung in Deutsch- 
land selbst ermüden. Schritt für Schritt kam Dänemark seinem Ziele näher 
und wenn es darauf verzichten mußte, Holstein in eine gänz zum Vortheile 
des Königreichs ausgedachte Gesammtstaatsverfassung hineinzuzwängen, so ge- 
schah es doch nur, um dagegen Schleswig desto fester zu fassen und in dieser 
oder jener Form factisch dem Königreich zu incorporiren. Die Gesammtstaats- 
partei hatte in Kopenhagen längst der eiderdänischen weichen müssen: ihr 
gehörte das Ministerium Hall, ihr die große Mehrheit sowohl des däni- 
schen Reichstags als des nur noch für das Königreich und Schleswig be- 
stehenden Reichsraths an. Alles schien endlich den Dänen zu einem ent- 
scheidenden Schlage reif zu sein. Im Frühjahr siel er zuerst gegen Holstein, 
im Spätherbst gegen Schleswig: am 30. März wurde durch eine könig- 
liche Bekanntmachung ohne Zustimmung der Stände und gegen ihren 
Willen Holstein aus der Gesammtheit ausgeschieden, so weit dieß dem 
dänischen Interesse diente, und am 13. November vom sog. Rumpfreichs- 
rath eine neue Verfassung für Dänemark-Schleswig, die dieses factisch 
in jenes incorporirte, angenommen. Zwei Tage später starb König Fried- 
rich, noch bevor er Zeit hatte, den Beschlüssen des Reichsraths seine Sanction 
zu ertheilen. Auch ohne dieses unerwartete Ereigniß hätte es nach jenen 
Vorgängen zu einem Bruche mit Deutschland kommen müssen. Nun aber 
war durch den Eintritt jenes Ereignisses die ganze Sachlage eine andere 
geworden. Jetzt konnte sich Deutschland unmöglich mit dem bisher Ge- 
forderten begnügen. 26 
Däne- 
mark.
	        
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