Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

418 Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1863. 
Deutsh= gemeinsame Erklärung zu Protokoll, welche dahin ging, daß sie ihrerseits 
and. durch den Londoner Vertrag gebunden und zu Anwendung desselben bereit 
seien, wofern Dänemark sich herbeilasse, diejenigen Vereinbarungen zur 
Ausführung zu bringen, auf welche hin sie jenem Vertrage beigetreten 
seien und die mit demselben ein untrennbares Ganzes bildeten. Uebrigens, 
meinten sie, stände dem König Christian von Dänemark bezüglich Lauen- 
burgs die Succession nach Ansicht beider Regierungen auch daun zu, wenn 
der Londoner Vertrag hinfällig würde. 
In dieser gemeinsamen Erklärung Oesterreichs und Preußens lag 
bereits ein förmliches Programm: die beiden Regierungen hatten sich vor- 
läufig verständigt und zwar gegen Deutschland verständigt. Uneinig unter 
sich über die Bundesreformfrage, d. h. über die Art und Weise, wie 
Deutschland den speziellen Interessen der einen oder der andern Macht 
ausschließlich oder doch überwiegend dienstbar gemacht werden könne, trafen 
sie alsbald darin überein, daß Deutschland sich jedenfalls nicht zu einer 
nationalen Macht über oder neben ihnen erheben dürfe. Wenige Tage 
später scheint die vollständige Einigung zu Stande gekommen zu sein- 
Ueber die Grundlagen derselben waltet noch der Schleier des Geheimnisses: 
die Zielpunkte gingen offenbar dahin, in erster Linie einen Bruch mit 
Dänemark wegen Holstein zu verhindern, in zweiter Linie aber, wenn ein 
solcher wegen Schleswig nicht auszuweichen sein sollte, die deutsche Bewe- 
gung mit allen Mitteln in Schranken zu halten und die Durchführung der 
ganzen Angelegenheit mit oder ohne den Beitritt des übrigen Deutschlands 
in ihre Hände zu nehmen. Allem Anschein nach war es Preußen, welches 
die Initiative der Unterhandlungen ergriff auf welche Oesterreich seiner- 
seits einging, sei es nun gegen gewisse anderweitige Concessionen oder 
Garantieen von Seite Preußens, oder sei es, daß Oesterreich seinem Neben- 
buhler um keinen Preis die ausschließliche Führung einer Angelegenheif, 
deren Tragweite zur Zeit noch gar nicht zu ermessen war, überlassen 
wollte. Ohne die deutsche Bewegung, deren intensive Stärke so wenig zu 
verkennen war wie ihre gewaltige Ausbreitung über alle Stämme der 
Nation, wären — darüber lassen die damaligen Aeußerungen der offiziösen 
Organe beider Regierungen und die seitherigen Enthüllungen der englischen 
Diplomatie keinem Zweifel Raum — für die Rechte und Ansprüche der Her- 
zogthümer energische Maßregeln überall nicht vorauszusehen gewesen. König 
Christian IX. von Dänemark wäre wie als factischer so auch als recht- 
licher Nachfolger Friedrich VII. in der Regierung der Herzogthümer
	        
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