Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

Uebersicht der Ertignisse des Jahres 1863. 419 
kannt, die Verhandlungen wären wie liieher fortgeschleppt worden und der 
Bund hätte sich schließlich mit irgenb welchen nicht wesentlichen Concessio- 
nen Dänemarks begnügen müssen und begnügt. Durch den Eintritt der 
deutschen Bewegung war dieß nunmehr allerdings unmöglich geworden. 
Bis auf einen gewissen Grad mußte, wenn ein gewaltsamer Ausbruch 
vermieden werden sollte, den Forderungen der Nation Rechnung getragen, 
der Bewegung wenigstens eine gewisse Befriedigung dargeboten werden. 
Allein, wenn das geschah, so durften Oesterreich und Preußen sich auch der 
Hoffnung hingeben, daß die Agitation in ihrer Zersplitterung allmählig 
sich legen und es ihrem Einflusse auf die Regierungen der Mittel= und 
Kleinstaaten gelingen werde, die ganze Frage in der bisherigen Bahn zu 
erhalten und die nationale Bewegung Deutschlands von ihrem Ziele erst ab- 
zulenken, schließlich unschädlich zumachen. Zuerst galt es abzulenken. Nur con- 
sequent in ihrer rechtlichen Auffassung der Sachlage verlangte die Nation und 
diejenigen Regierungen, welche mit ihr zu gehen entschlossen oder geneigt wa- 
ren, daß auf Grund der streitigen Successionsfrage von der früher beschlossenen 
Execution in Holstein nunmehr abgesehen und von der Bundesversamm- 
lung jetzt vielmehr eine Occupation dieses Bundeslandes beschlossen werde. 
Die principielle Bedeutung eines solchen Beschlusses für den weitern Ver- 
lauf und die schließliche Lösung der ganzen Frage lag auf der Hand und 
vom Standpunkte der beiden Großmächte mußte einer solchen Wendung 
nothwendig von vornherein vorgebeugt werden. Bis zum 4. Dezember 
hatten sich Oesterreich und Preußen vollständig geeinigt und erließen unter 
diesem Tage an die Regierungen der sämmtlichen übrigen deutschen Staaten 
gleichlautende Noten, durch welche dieselben in ziemlich drohendem Tone 
auf die „ernsten und unabweislichen Folgen“ aufmerksam gemacht wurden, 
die ein weiter getriebener Dissens zwischen der Majorität der Bundesver- 
sammlung und den beiden Großmächten nach sich ziehen müßte. An dem- 
selben Tage beantwortete Graf Rechberg endlich die im Reichsrath an 
ihn gerichtete Interpellation, nachdem Hr. v. Bismarck schon zwei Tage 
vorher dem preußischen Abgeordnetenhause eine schriftliche Erklärung des 
Staatsministeriums vorgelesen hatte. Beide erklärten übereinstimmend, 
daß die Regierungen von Oesterreich und Preußen sich durch den Londoner 
Vertrag für gebunden erachteten, nur mit dem Unterschied, daß der preu- 
ßische Ministerpräsident die Möglichkeit einer Lossagung Preußens von 
jenem Vertrage betonte, was der österreichische Minister seinerseits 
27° 
land.
	        
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