Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

Ucbersicht der Ereignisse des Jahres 1863. 432 
trolle der Kammern wenigstens für das künstige Jahr vorbereitet. Alle 
diese Staaten hatten nicht gerade Ursache, den Krieg zu fürchten, aber 
das größte Interesse, die Erhaltung des Friedens zu wünschen. 
Der gewaltige Kampf, der nun schon im vierten Jahre in den 
ungeheuern Gebieten der Vereinigten Staaten Nordamerika's zwischen 
dem Süden und dem Norden wüthet und bereits so viel Blut gekostet, 
so mächtige Summen verschlungen hat, war wohl geeignet, die öffentliche 
Meinung Europa's von einem allgemeinen Kriege, der sich — die zunächst 
Betheiligten allein ausgenommen — für keinen andern Staat irgend wie 
als eine zwingende Nothwendigkeit darstellt, abzuschrecken. Die ersten zwei 
Jahre war unter wechselndem Erfolge gekämpft worden, keiner der be#ben 
Theile vermochte ein Uebergewicht zu behaupten, immer stellte sich nach 
kurzer Zeit ein Gleichgewicht her, das in Europa die Ueberzeugung her- 
vorrief, die nördlichen und die südlichen Staaten würden sich am Ende doch 
friedlich ausscheiden müssen und nur dort ein freier Bundesstaat bleiben, 
hier eine aristocratische Selavenrepublik aufgerichtet werden. Auf dieser 
Anschauung beruhten auch die wiederholten Vermittlungsanerbieten, die 
der Kaiser der Franzosen versuchte. Die Consolidirung der südlichen Con- 
föderation zwischen Merico und der nördlichen Union wäre seinen Plänen 
allerdings sehr förderlich gewesen und hätte der Errichtung einer Mo- 
narchie in Merico allein die Garantie wenigstens einiger Dauer zu 
sichern vermocht. Der Congreß der Union ging aber auf alle derartigen 
Anerbieten nicht ein. Im Norden der Union zweifelte die öffentliche Mei- 
nung trotz der bisherigen geringen Erfolge der Kriegführung, trotz der 
großen Opfer aller Art, welche sie dennoch gefordert hatten und trotz der 
mannigfaltigen eigenen Parteiung, keinen Augenblick daran, daß der Süden 
schließlich doch bewältigt und die alte Union wieder hergestellt werden 
würde. Das Jahr 1863 brachte in der That eine entschiedene Wendung 
in der Lage der Dinge. In militärischer Tüchtigkeit zumal der Führer 
dem Norden Anfangs entschieden überlegen, begann der Süden allgemach 
zu fühlen, daß das Verhältniß der Kräfte zwischen den beiden kriegführen- 
den Theilen sowohl an Menschen, wie an materiellen Mitteln ein un- 
gleiches sei. Durch die Blokade aller seiner Häfen von Europa abgeschnitten, 
fand der Hauptexportartikel des Südens, die Baumwolle, fast gar keinen 
Ausweg mehr, die Preise aller Lebensbedürfnisse erreichten eine entsetzliche 
Höhe und der Uebergang zu andern Culturen war überhaupt nicht leicht 
und jedenfalls nicht so schnell zu bewerkstelligen: Seine Finanzen waren 
Nord- 
amerika.
	        
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