Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

Deutschland. 61 
rathung ziehen. Ueber folgende Gegenstände: Aufnahme neuer Mitglieder in 
den Bund, Aenderung des Stimmverhältnisses im Bunde bei verändertem 
Besitzstande der Bundesglieder, steht die Schlußfassung ausschließlich der Fürsten- 
versammlung zu. 
     Abschnitt V. Das Bundesgericht. Art. 26. Doppelte Eigen- 
schaft des Bundesgerichts. Das Bundesgericht entscheidet, im Namen 
des deutschen Bundes, theils in richterlicher, theils in schiedsrichterlicher Eigen- 
schaft. Art. 27. Richterliche Wirksamkeit des Bundesgerichts. 
Das Bundesgericht in seiner richterlichen Eigenschaft kann angerufen werden: 
1) von Bundesregierungen oder von Privatpersonen gegen den deutschen Bund, 
wenn erstere gegen letzteren Ansprüche aus privatrechtlichen Titeln erheben, 
und ein besonderer Gerichtsstand hierwegen nicht begründet ist; 2) von Pri- 
vatpersonen gegen mehrere Bundesglieder, wenn bestritten ist, welche der letz- 
teren eine Forderung der ersteren zu befriedigen habe; 3) von Privatpersonen 
gegen den Souverän, die Civilliste oder den Staatsfiscus eines einzelnen 
Bundesstaats, wenn wegen der behaupteten, auf privatrechtlichen Titeln be- 
ruhenden Forderung in der Verfassung oder Gesetzgebung des betreffenden 
Staats kein Gerichtsstand begründet ist; 4) von Privatpersonen behufs der 
Eröffnung des Rechtswegs gegen eine einzelne Bundesregierung, wenn erstere 
auf Grund der Verfassung und der bestehenden Gesetze des Landes und nach 
Erschöpfung der landesgesetzlichen Mittel der Abhülfe über Verweigerung oder 
Hemmung der Rechtspflege Beschwerde führen; 5) von Bundesregierungen 
gegen andere Bundesregierungen, wenn der klagende Theil Befriedigung einer 
Geldforderung oder Erfüllung eines privatrechtliche Leistungen betreffenden 
Vertrags oder Schadloshaltung wegen Nichterfüllung eines solchen Vertrags 
verlangt; 6) in denjenigen Fällen, für welche dem Bundesgericht, mit Zu- 
stimmung des Directoriums und des Bundesraths, durch die Verfassung oder 
Gesetzgebung eines Einzelstaats eine richterliche Gewalt besonders übertragen 
werden sollte; endlich tritt 7) in Fällen, wo es sich zwischen zwei oder meh- 
reren Mitgliedern des Bundes um den vorläufigen Schutz des jüngsten Besitz- 
standes handelt, das Bundesgericht an die Stelle des nach Art. 20 der 
Wiener Schlußacte zu bezeichnenden obersten Gerichtshofs. Art. 28. Schieds- 
richterliche Wirksamkeit des Bundesgerichts. Der schiedsrichterlichen 
Entscheidung des Bundesgerichts werden vom Directorium nach vergeblich ver- 
suchter Vermittlung auf Verlangen des einen oder des andern der streitenden 
Theile überwiesen: 1) alle nicht zu der im Art. 27 unter 5 erwähnten Ka- 
tegorie gehörigen Streitigkeiten zwischen Mitgliedern des Bundes; 2) Strei- 
tigkeiten zwischen Mitgliedern regierender deutscher Familien über Thronfolge, 
Regentschaft, Regierungsfähigkeit, Vormundschaft, sowie über Ansprüche an 
das Hausfideicommiß, insofern nicht über das Verfahren in dergleichen Strei- 
tigkeiten und deren Entscheidung durch die Verfassung des betreffenden Landes, 
Hausgesetze oder Verträge besondere Bestimmung getroffen ist; 3) Streitig- 
keiten zwischen der Regierung eines Bundesstaats und einzelnen Berechtigten, 
Corporationen oder ganzen Classen, wenn dieselben wegen Verletzung der 
ihnen durch die Bundesverfassung (Art. 13 bis 18 der Bundesacte) gewähr- 
leisteten Rechte Klage führen; 4) Streitigkeiten zwischen der Regierung und 
der Landesvertretung eines Bundesstaats über Auslegung oder Anwendung 
der Landesverfassung, sofern zur Austragung solcher Streitigkeiten nicht schon 
anderweitig Mittel und Wege gesetzlich vorgeschrieben sind, oder dieselben nicht 
zur Anwendung gebracht werden können. Art. 29. Sonstige Aufgaben 
des Bundesgerichts. Damit in der Anwendung gemeinsamer deutscher 
Gesetze über Civil= oder Strafrecht die möglichste Gleichartigkeit bestehe, ist 
das Bundesgericht berufen, in Fällen, wo sich bezüglich dieser Anwendung in 
der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe der Bundesstaaten Verschieden- 
heiten ergeben, das Directorium behufs der weiter erforderlichen Veranlassung 
auf das Bedürfniß einer authentischen Auslegung oder gesetzlichen Regelung
	        
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