Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

 
62      Deutschland. 
aufmerksam zu machen. Das Bundesgericht hat dem Directorium auf Er- 
fordern rechtliche Gutachten zu erstatten, insofern es sich nicht um Fälle han- 
delt, in welchen das Bundesgericht demnächst selbst zuständig werden kann. 
Art. 30. Besondere Bestimmungen. Wo keine besondern Entschei- 
dungsnormen vorhanden sind, hat das Bundesgericht nach den in Rechtsstrei- 
tigkeiten derselben Art vormals von den Reichsgerichten subsidiarisch befolgten 
Rechtsquellen zu erkennen, insofern solche auf die jetzigen Verhältnisse der 
Bundesglieder und auf die Streitsachen selbst noch anwendbar sind. Strei- 
tigkeiten oder Beschwerden, welche bereits vor Errichtung des Bundesgerichts 
durch einen Bundesbeschluß endgültig erledigt worden sind, können nicht von 
neuem vor dem Bundesgericht angebracht werden. Art. 31. Zusammen- 
setzung des Bundesgerichts. Das Bundesgericht besteht aus einem 
Präsidenten, zwei Vicepräsidenten und zwölf ordentlichen Beisitzern. Für die 
schiedsrichterliche Entscheidung in Streitfällen zwischen Regierung und Stän- 
den eines Bundesstaates (Art. 28 unter 4) wird das Bundesgericht durch 
zwölf außerordentliche Beisitzer verstärkt. Zwölf ordentliche Mitglieder des 
Bundesgerichts werden von den Regierungen aus den Mitgliedern der ober- 
sten Gerichtshöfe ernannt. Oesterreich und Preußen ernennen je zwei, Bayern 
einen, die folgenden 14 Stimmen des Bundesraths in einem der Reihenfolge 
der Stimmordnung entsprechenden Wechsel sieben ordentliche Beisitzer. Drei 
ordentliche Beisitzer des Bundesgerichts ernennt das Directorium mit Zustim- 
mung des Bundesraths aus der Zahl der ordentlichen öffentlichen Rechts- 
lehrer an den deutschen Hochschulen. Das Directorium ernennt ferner mit 
Zustimmung des Bundesraths aus der Mitte der fünfzehn ordentlichen Mit- 
glieder des Bundesgerichts den Präsidenten und die beiden Vicepräsidenten. 
Alle diese Ernennungen erfolgen auf Lebensdauer. Die zwölf außerordent- 
lichen Mitglieder des Bundesgerichts werden von den Regierungen auf Vor- 
schlag und aus der Mitte der Ständeversammlungen auf zwölf Jahre er- 
nannt. Diese Ernennungen geschehen durch dieselben Regierungen, beziehent- 
lich in derselben Reihenfolge, wie die Ernennung der ordentlichen Beisitzer. 
Wo zwei Kammern einen Bundesrichter zu bezeichnen haben, wechselt in Er- 
mangelung eines Einverständnisses das Recht des Vorschlags zwischen densel- 
ben, wobei das Loos den Anfang zu bestimmen hat. Sollte sich demnächst 
das Bedürfniß einer Vermehrung der Mitgliederzahl des Bundesgerichts 
herausstellen, so kann das Directorium mit Zustimmung des Bundesraths 
eine solche Vermehrung beschließen. Die Zahl der außerordentlichen Beisitzer 
muß alsdann in gleichem Verhältniß wie die der ordentlichen erhöht werden. 
Das Bundesgericht hat seinen Sitz zu Frankfurt a. M. Die ordentlichen 
Mitglieder müssen am Sitze des Bundesgerichts wohnen. Die Kanzleibeam-= 
ten des Bundesgerichts werden auf dessen Vorschlag vom Directorium er- 
nannt. Die Aufstellung einer Bundesanwaltschaft bleibt vorbehalten. Art. 32. 
Grundzüge der Verfassung des Bundesgerichts. Das Bundes- 
gericht wird in mehrere Senate eingetheilt werden, damit eine zweckmäßige 
Vertheilung der Geschäfte in Senats= und in Plenarsitzungen stattfinde und 
in den zur richterlichen Entscheidung des Bundesgerichts gehörigen Fällen 
(Art. 27) ein Instanzenzug hergestellt werde. Die schiedsrichterlichen Ent- 
scheidungen des Bundesgerichts (Art. 28) erfolgen in ordentlicher, und wenn 
sie Streitigkeiten zwischen Regierung und Ständen eines Bundesstaats be- 
treffen, in außerordentlicher Plenarsitzung, zu welcher letzteren der Präsident 
die sämmtlichen ordentlichen und außerordentlichen Beisitzer einberuft. Die 
in den gesetzlichen Formen gefällten Schiedssprüche unterliegen keiner weitern 
Berufung und sind sofort vollziehbar. Art. 33. Unabhängige Stellung 
des Bundesgerichts. Die ordentlichen Mitglieder des Bundesgerichts 
werden für den Bund in Eid und Pflicht genommen und vom Bund aus 
der Matricularkasse besoldet. Sie können nach ihrer Ernennung weder Geld- 
bezüge noch Ehrenauszeichnungen von einem einzelnen Bundesglied erhalten.
	        
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