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dingen, daß nur nach sorgfältiger und von Sr. Majestät gesetzlich vorge-
schriebener Erwägung an competenter Stelle Entschließungen gefaßt werden,
welche die Interessen des Staates betreffen. Von dieser Regel abzuweichen,
wollen des Königs Majestät sich am allerwenigsten in einem Fall entschließen,
wo es sich um die wichtigsten und folgenschwersten Entscheidungen handelt, zu
welchen ein Monarch im Interesse seiner Staaten berufen sein kann....
Ew. Exc. werden seinerzeit aus dem k. Ministerium von Berlin aus die
eingehendere Entwicklung der Ansicht der k. Regierung über die diesseitigen
und über die vorliegenden österreichischen Reformplane erhalten. Für jetzt
erkläre ich nur: daß die letzteren, unserer Ansicht nach, weder der be-
rechtigten Stellung der preußischen Monarchie noch den be-
rechtigten Interessen des deutschen Volks entsprechen. Preußen
würde der Stellung, die seine Macht und seine Geschichte ihm in dem
europoäischen Staatenverein geschaffen haben, entsagen, und Gefahr laufen
die Kräfte des Landes Zwecken dienstbar zu machen, welche den In-
teressen des Landes fremd sind, und für deren Bestimmung uns
dasjenige Maß von Einfluß und Controle fehlen würde, auf welches wir
einen gerechten Anspruch haben.“
21. Aug. (Fürstencongreß). Oesterreich richtet vor der zweiten
Sitzung des Fürstencongresses ein Promemoria an die sämmtlichen
Theilnehmer:
„ . . . Wie in der ersten Sitzung von mehreren der hohen Theil-
nehmer ausdrücklich hervorgehoben wurde, wollte mit der Annahme des ge—
dachten Entwurfs als einer geeigneten Berathungsgrundlage nicht etwa auch
schon die Genehmigung der einzelnen Bestimmungen desselben ausgesprochen
werden. Se. Majestät der Kaiser gibt Sich hiervon volle Rechenschaft, hoffen
Sich aber andererseits mit der Auffassung Allerhöchstihrer Bundesgenossen zu
begegnen, wenn Sie glauben, aus der Thatsache der allseitig bekundeten
Geneigtheit, das Reformwerk auf der Basis jenes Entwurfs zu Stande zu
bringen, eine doppelte Folgerung ableiten zu können. Einmal scheint näm-
lich Sr. Maj. die Voraussetzung gerechtfertigt zu sein, daß die Bedenken,
welche etwa gegen einzelne Vorschläge des Entwurfs von der einen oder der
andern Seite gehegt werden sollten, sich nicht gegen das System und die
leitenden Gedanken, auf welchen seine Construction beruht, richten, so-
mit auch nicht Anlaß zu solchen Aenderungsanträgen bieten könnten, die den
Entwurf in seinen wesentlichen Theilen und in dem nothwendigen Zusammen-
hange seiner wichtigern Verfügungen alteriren würden. Zweitens halten Se.
Maj. sich überzeugt, daß, wenn eine allseitige Einigung über Abän-
derungen des Entwurfs nicht erreicht werden könnte, die Annahme des
letztern, selbst in seiner unveränderten Fassung, der erhabenen
Versammlung jedenfalls erwünschter sein würde, als ein Zersplittern und
Auseinandergehen der Meinungen und ein resultatloses Ende der Verhand-
lungen. Ausgehend von diesen Gesichtspunkten und ferner erwägend, daß es
weder nöthig noch erwünscht sein dürfte, die Berathung der im Detail etwa
vorzuschlagenden Modificationen den Fürsten in Person vorzubehalten und
dadurch deren Aufenthalt in Frankfurt über Gebühr zu verlängern, neigen
Se. Maj. der Kaiser in Bezug auf das weiter einzuhaltende Verfahren Sich
zu der Ansicht, daß die Fürstenconferenz die Berathung der Reform-
acte nunmehr den hier anwesenden Ministern überweisen
könnte, soferne dieß mit der Maßgabe geschähe, daß es in allen denjenigen
Punkten, in welchen nach reiflicher gemeinsamer Prüfung der Aenderungs-
anträge nicht ein anderweites Einverständniß zu Stande käme,
bei der Fassung der allseitig angenommenen Berathungs-
grundlage sein Bewenden zu behalten hätte . . .
Eine weitere Vereinfachung des Geschäfts könnte nach Sr. Maj. Erachten