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erwarten ist, sondern nur von der Zustimmung einer nach Norm der
Bundesbeschlüsse vom 30. März und 7. April 1848 zu berufenden Na-
tionalversammlung.
Beschluß bezüglich der schleswig-holstein'schen Frage: „Ge-
genüber dem Beschlusse, den am 9. Juli dieses Jahres die Bundesversamm-
lung in Betreff Schleswig-Holsteins gefaßt hat, erklärt der Abgeordnetentag:
Nach altem Rechte, wie nach dem Staatsgrundgesetze, welches unter der von
der deutschen Centralgewalt anerkannten provisorischen Regierung am 15. Sept.
1848 ins Leben getreten ist, sind die Herzogthümer fest mit einander verbun-
dene und selbständige Staaten unter der Herrschaft des oldenburgischen Manns-
stammes. Die Vereinbarungen von 1851/52, die das Recht der Herzogthümer
verkümmern, von der Vertretung derselben niemals anerkannt, von Dänemark
selbst vielfach verletzt und durch das Märzpatent zerrissen sind, haben für
Deutschland keine bindende Kraft. Durch den Beschluß vom 9. Juli, welcher
sich dem ungeachtet auf den Boden jener Vereinbarungen und der mindestens
ebenso ungenügenden englischen Vorschläge stellt, hat der Bundestag seiner
Pflicht gegen Deutschland und die Herzogthümer nicht genügt. Doch ist dieser
Beschluß gefaßt und nicht mehr ungeschehen zu machen. Leistet Dänemark
nicht Folge, so muß vor Allem, wenn nicht neue Schmach auf die alte ge-
häuft werden soll, der gefaßte Beschluß ungesäumt und mit voller Energie
durch den Einmarsch der Bundestruppen in Vollzug gesetzt werden. Hier zu-
erst wird der Werth der fürstlichen Reformbestrebungen seine Probe zu be-
stehen haben. Ist das nationale Selbstgefühl, das die Ohnmacht unserer
auswärtigen Politik als einen brennenden Schimpf empfindet, in den deutschen
Regierungen lebendig geworden, so wird der Uebergang von der Vollstreckung
eines unzulänglichen Bundesbeschlusses zur endgültigen, wahrhaft befriedi-
genden Lösung der schleswig-holsteinischen Frage — zur Wiederherstel-
lung des alten Rechtes in seinem vollen ursprünglichen Um-
fange — durch den Verlauf der Ereignisse unfehlbar gebahnt werden. Wei-
chen im Gegentheile die Bundesregierungen auch diesmal vor dieser Aufgabe
zaghaft zurück, so weiß Deutschland, was es von den ihm gebotenen Reform-
entwürfen zu halten hat, und kein beschönigendes Wort würde dann die Ueber-
zeugung erschüttern, daß der Grundgedanke der nationalen Bewegung auch
diesmal nicht erfüllt, sondern mit gehaltlosen Verheißungen erstickt werden soll.“
22—31. Aug. (Fürstencongreß). Weitere Sitzungen des Fürsten-
congresses zur Berathung der österr. Reformentwurfes. Der Groß-
herzog von Mecklenburg-Schwerin gibt in der zweiten Sitzung des
Congresses vom 22. Aug. eine Erklärung zu Protokoll, die, nach
einer Reihe von Modifikationsanträgen, dahin schließt: „An und
für sich empfiehlt sich die Einführung des constitutionellen Systems
in die Bundesinstitutionen nicht. Die Voraussetzungen der eng-
lischen Verfassung fehlen in Deutschland. Wenn aber dennoch eine
deutsche Nationalvertretung, die sich nicht auf Kopfzahl, sondern auf
geistige Kräfte stützt, von hohem Werthe auch für die deutsche Bundes-
gesammtheit sein kann, so heißt es nicht die Institution beschränken
oder schwächen, sondern unterstützen, wenn man dieselbe vor Con-
flicten sicher zu stellen sucht, die zwischen der politischen Gewalt
und einer mit dem Steuerversagungsrechte ausgerüsteten Versamm-
lung erfahrungsmäßig zu entstehen und mit dem Untergange der
einen oder der anderen zu enden pflegen.“
22. Aug. (Bayern). Die II. Kammer macht auf die Anregung ihres