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verständniß käme, bei der Fassung der allseitig angenommenen Berathungs-
grundlage sein Bewenden haben könnte. So lange ein Einverständniß unter
allen hohen Bundesfürsten und freien Städten nicht erzielt sein wird, müßte
festgehalten werden, daß keinerlei Verpflichtung auf den Inhalt der ein-
zelnen Artikel der Reformacte übernommen worden ist, und Se. k. Hoheit
haben den Unterzeichneten beauftragt, diese Freiheit von jeder Verbindlichkeit
für die großherzogliche Regierung ausdrücklich zu wahren. Ein weiterer Vor-
schlag des Promemoria's geht dahin, einige Hauptbestimmungen des Ent-
wurfes von der Fürstenversammlung nicht nur im Grundsatze, sondern auch dem
Wortlaut nach in der Art genehmigen zu lassen, daß dieselben sonach in der
Ministerconferenz, als bereits feststehend, keiner weitern Discussion unterzogen
würden. Se. kgl. Hoheit erachtet eine solche Zersplitterung des Entwurfs,
dessen Bestimmungen ein eng verbundenes Gefüge von, wenn auch nicht überall
gleich wichtiger, doch nirgend unwesentlicher Bedeutsamkeit darstellt, für un-
zulässig, und vermöchte über einzelne Bestimmungen nicht in irgend ver-
pflichtender Weise sich zu äußern, und wenn Allerhöchstderselbe dem Wunsche
Gr. k. k. Majestät nach einem rückhaltlosen Meinungsaustausche auch seiner-
seits gerecht zu werden bestrebt sein wird, so kann es doch nur unter dem
ausdrücklichen Vorbehalte geschehen, daß Se. k. Hoheit für die großher-
zogliche Regierung die Erklärung über Annahme oder Nichtannahme der Re-
formacte für den Schluß der Gesammtberathung aller einzelnen Artikel re-
servirt und sich nicht früher zu binden gemeint ist, bevor die Gesammtheit
aller zu einer neuen Bundrsverfassung vereinten Bestimmungen sich über-
blicken läßt. . . . “
25. Aug. (Fürstencongreß). Antwort des sächs. Ministers v. Beust
auf die badische Note vom 22. Aug. an den Grafen Rechberg:
„ . . . Der König, des Unterzeichneten a. g. H., weiß der gewissenhaften
Auffassung, welche den Darlegungen der großherzogl. Regierung zu Grunde
liegt, alle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Allerhöchstderselbe vermag aber
eben so wenig die Ueberzeugung zu unterdrücken, daß ein diesen Darlegungen
entsprechendes Verfahren, wollte es von sämmtlichen Theilnehmern befolgt wer-
den, von vorneherein jede Aussicht auf das Zustandekommen irgend eines Re-
sultates nothwendig vereiteln müßte. . . .“
25. ,, Versammlung des deutschen Juristentags in Mainz. Derselbe
beschließt theils einstimmig, theils mit Mehrheit:
„Es steht an sich dem Richter in jedem einzelnen gegebenen Falle das
Recht zu, die verfassungsmäßige Giltigkeit der angerufenen Gesetze, insbeson-
dere die Frage, ob die erforderliche Zuziehung verfassungsmäßiger Stände
stattgefunden habe, zu prüfen; es ist jedoch die Schaffung eines endgiltig hier—
über erkennenden unabhängigen obersten Gerichtshofes anzubahnen; Streitig-
keiten über einseitig von der Staatsregierung ausgehende Veränderungen der
Verfassung, der Wahlgesetze u. s. w. wären einem zu schaffenden unabhängigen
Bundes= oder Reichsgerichte demnächst zu übertragen.“
27. ,, (Bundestag). Der dänische Gesandte erklärt, daß seine Re-
gierung sich nicht im Stande befinde, die Proclamation v. 30. März
zurückzunehmen, dagegen sei sie bereit, „jede wünschenswerthe Aus-
kunft über alle Dispositionen dieser Proclamation zu geben“ und
alle Vorschläge, welche ihr in Beziehung auf die Herzogthümer
Holstein und Lauenburg gemacht würden, in „ernste Erwägung“ zu
ziehen.
30. ,, (Fürstencongreß). Oesterreich beantragt durch ein zweites