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auszuüben, welche die Art. 25 bis 28 der Wiener Schlußacte der Bundes-
versammlung zuweisen. Art. 11. Das Directorium übt auf Grund der Be-
schlüsse des Bundesraths Namens der deutschen Regierungen das Recht des
Vorschlags in Angelegenheiten der Bundesgesetzgebung aus. (Art. 20.) In
gleicher Weise steht demselben die Initiative auch in denjenigen Angelegen-
heiten zu, in welchen die Erlassung eines gemeinsamen Gesetzes oder die
Gründung einer gemeinsamen Einrichtung von der freien Zustimmung der
einzelnen Staaten abhängt, die Wirksamkeit des Bundes gegenüber diesen letz-
teren sich somit nur als eine vermittelnde darstellt. (Art. 21.) Der Bundes-
rath hat in beiden Fällen die in die Versammlung der Bundesabgeordneten
einzubringenden Vorlagen vorzubereiten. Gesetzesvorschläge, welche eine Ab-
änderung der Bundesverfassung oder einen Zusatz zu derselben enthalten,
oder der gesetzgebenden Gewalt des Bundes einen neuen, seither der Gesetz-
gebung der Einzelstaaten angehörigen Gegenstand überweisen, können im Bundes-
rathe nur mit Einhelligkeit sämmtlicher 21 Stimmen genehmigt werden.
Vorschläge, durch welche einzelnen Bundesgliedern besondere, nicht in den ge-
meinsamen Verpflichtungen Aller begriffene Leistungen oder Verwilligungen
für den Bund angesonnen werden, bedürfen der freien Zustimmung aller be-
theiligten Regierungen. Ueber Religionsangelegenheiten findet kein Beschluß
anders als mit allseitiger freier Zustimmung statt. Art. 14. Das Directo-
rium läßt die aus den Matricularbeiträgen der einzelnen Staaten gebildete
Bundeskasse verwalten. Es läßt von drei zu drei Jahren nach eingeholter
Zustimmung des Bundesraths den Voranschlag der ordentlichen und außer-
ordentlichen Bundesauslagen aufstellen und der Versammlung der Bundes-
abgeordneten zur Genehmigung vorlegen. Es läßt die von der Versammlung
der Bundesabgeordneten genehmigten Matricularumlagen ausschreiben. Kommt
in Betreff des Voranschlags eine Einigung mit der Versammlung der Bundes-
abgeordneten nicht zu Stande, so ist bis zu einer Verständigung der Voran-
schlag der vorhergehenden Periode maßgebend, insofern die darin enthaltenen
Ausgaben nicht ausdrücklich nur für einen vorübergehenden bereits erreichten
Zweck bestimmt sind. Zur Deckung unvorhergesehener Bundesausgaben kann
das Directorium mit Genehmigung des Bundesrathes und der Versammlung
der Bundesabgeordneten, oder wenn letztere nicht vereinigt ist, unter Vorbe-
halt der Rechtfertigung vor derselben außerordentliche Matricularumlagen aus-
schreiben. Es läßt den Rechenschaftsbericht über die abgelaufene dreijährige
Periode des Bundeshaushalts der Versammlung der Bundesabgeordneten vorlegen.
Abschnitt III. Die Versammlung der Bundesabgeordneten.
Art. 16. Die Versammlung der Bundesabgeordneten geht durch Delegation
aus den Vertretungskörpern der einzelnen deutschen Staaten hervor. Sie
besteht aus 302 von diesen Körpern gewählten Mitgliedern. Oesterreich ent-
sendet zum Bunde 75 vom Reichsrathe aus der Zahl seiner den deutschen
Bundesländern angehörigen Mitglieder oder aus den Mitgliedern der Land-
tage des Bundesgebietes gewählte Abgeordnete. Preußen entsendet 75 Abge-
ordnete aus der Zahl der Vertreter der deutschen Bundeslande im preußischen
Landtage. Bayern entsendet 27 Abgeordnete, Sachsen, Hannover, Württem-
berg entsenden je 15, Baden 12, Kurhessen 9, Großherzogthum Hessen 9,
Holstein und Lauenburg 5, Luxemburg und Limburg 4, Braunschweig 3,
Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz zusammen 6, Nassau 4,
Sachsen-Weimar 5, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg und Sachsen-
Koburg-Gotha je 2, Oldenburg 3, Anhalt 2, Schwarzburg-Sondershausen,
Schwarzburg-Rudolstadt, Liechtenstein, Waldeck, Reuß ältere Linie, Reuß jün-
gere Linie, Schaumburg-Lippe, Lippe, Hessen-Homburg je einen, die freien
Städte Lübeck, Frankfurt, Bremen je einen, Hamburg 2 Abgeordnete, und
zwar alle diese Staaten aus der Mitte ihrer Vertretungskörper. In den-
jenigen Staaten, in welchen das Zweikammersystem besteht, wählt die erste
Kammer ein Drittheil, die zweite Kammer zwei Drittheile der Bundesabge-