Deutschland. 75
Einverständniß über eine davon verschiedene neue Verfassungsform des deut-
schen Bundes hergestellt wäre: — so halte Ich Mich so lange zu dieser Hin-
gebung weder für berechtigt noch für verpflichtet, als nicht feststeht, daß da-
durch das Zustandekommen einer solchen neuen, den gerechten Ansprüchen des
badischen Landes und des deutschen Volkes entsprechenden Bundesreform auch
wirklich zum Abschluß gebracht werde. Zur Zeit ist aber weit eher die um-
gekehrte Befürchtung gerechtfertigt, daß durch die in einem unabänderlich die
Zustimmenden verpflichtenden Beschlusse liegende Erschwerung des späteren Zu-
tritts der in der hohen Versammlung nicht vertretenen Souveräne das Werk
sich auch von formeller Seite mehr bedroht als gefördert finden möchte, um
so mehr als ausgesprochen ist, daß die berathenen Artikel in der Form, in
welcher sie aus hoher Versammlung hervorgehen, auch dem Wortlaute nach
festgestellt, und für die künftigen Ministerconferenzen unveränderlich normirt
gelten sollen. Ich habe wiederholt hervorgehoben, wie äußerst wünschenswerth
für die Förderung des unternommenen Werkes es sich erweisen würde, wollte
ohne eine vorgängige Abstimmung über die berathene Reformacte deren nun-
mehrige Mittheilung an Se. Majestät den König von Preußen erfolgen, und
zunächst die Bedingungen des Beitritts der deutschen Großmacht festgestellt
werden, ohne deren Theilnahme das begonnene Werk der Einigung nur in
einer neuen Schwächung des deutschen Bundes und in einer weitern Lösung
der Zusammengehörigkeit der wichtigsten Bestandtheile des gemeinsamen Vater-
landes endigen würden.
„Trotzdem der Gegensatz der Meinungen in der Abstimmung über das
Gesammtwerk nunmehr zum Ausdruck gekommen ist, findet sich indessen eine
weitere Verhandlung in Falle einer Mittheilung des bisherigen Resultates der
Berathungen an die in der Versammlung nicht vertretenen Staaten nicht
ausgeschlossen. In derselben kann es gelingen, einige der wesentlichsten für
die nationale Einheit und Wohlfahrt des deutschen Vaterlandes wie die Selbst-
ständigkeit seiner Staaten bedrohliche und mit den Rechtsansprüchen seiner
Völker nicht übereinstimmende Verfügungen aus dem Entwurfe zu entfernen,
dadurch auch für Baden eine Verständigung zu ermöglichen und so das unter-
nommene Werk einem gedeihlichen Abschluß näher zu führen. Indem Ich
Mich für diesen erwünschten Fall im voraus bereit erkläre, an etwaigen spä-
teren geschäftlichen Conferenzen über die schließliche Festsetzung eines dann
etwa auszuarbeitenden Grundgesetzes des deutschen Bundes, falls dazu nach
erfolgter Verständigung der deutschen Großmächte eine gemeinsame Einladung
beider ergehen würde, Mich bereitwilligst betheiligen zu wollen, behalte Ich
Mir schließlich zu diesem so verbesserten und auf bundesverfassungsmäßigem
Wege in freier Vereinbarung mit den gesetzmäßig berufenen Vertretern der
Nation zu vollendenden Werke Meinen Beitritt vor."
Zweites Collektivschreiben der Fürsten an den König von
Preußen: „Angesichts des Schreibens, mittelst dessen Ew. Majestät unter
dem 20. August die Einladung haben beantworten wollen, welche Wir, die
in Frankfurt a. M. versammelten deutschen Fürsten und Vertreter der freien
Städte, an Ew. Majestät zu richten uns gedrungen gefühlt haben, können
Wir, nach Beendigung Unserer Berathungen Uns nicht trennen, ohne Ew.
Majestät nochmals Unser innigstes Bedauern darüber auszudrücken, daß Wir
Allerhöchstihre persönliche Mitwirkung zu dem unternommenen großen Werk
entbehren mußten. Gerne schöpfen Wir jedoch aus Ew. Maj. Versicherung,
daß Allerhöchstdieselben jede Mittheilung, die Ihre Bundesgenossen an Sie
würden gelangen lassen, mit der von Ew. Maj. jederzeit der Entwickelung
der gemeinsamen vaterländischen Interessen gewidmeten Bereitwilligkeit und
Sorgfalt in Erwägung ziehen würden, die für Uns Alle so kost-
bare Hoffnung auf eine endliche allgemeine Verständigung. Aus Unsern Be-
rathungen ist der dem gegenwärtigen Schreiben beigefügte Entwurf einer
Reformacte des deutschen Bundes hervorgegangen. Von deutscher Eintracht