Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfter Jahrgang. 1864. (5)

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Deutschland. 
bisher in Anhalt-Dessau-Köthen geltende Recht in den näher bezeichneten 
Theilen auf Anhalt-Bernburg auszudehnen, zum geringeren Theile umgekehrt 
Bernburger Recht, so weit es zweckmäßig schien, für das Anhalt-Dessau- 
Köthensche Land einzuführen... Die Staatsregierung muß daher alle 
etwaigen Anträge ablehnen, welche auf eine Revision, eine Abänderung 
der in Anhalt-Dessau-Köthen nach den betreffenden Gesetzen geltenden rechtlichen 
Bestimmungen eingehen. Abgesehen davon, ob dergleichen überhaupt nöthig 
oder wünschenswerth seien, ist die Staatsregierung durchaus unvor- 
bereitet, Fragen von solcher tief und weitgreifenden Wichtigkeit, wie sie hier 
erhoben werden können, nebenher und gelegentlich in Erwägung zu ziehen..“ 
Erklärung des Landtags: „In Erwägung 1) daß die Beendigung 
der Commissions= und Abtheilungsberathungen über die umfangreichen Gesetz- 
vorlagen, welche dem Landtage für die gegenwärtige außerordentliche Diät 
zugegangen sind, zwar in naher Aussicht steht, daß sich jedoch der Tag, an 
welchem die Verhandlungen darüber zum Abschluß gelangt sein werden, vom 
Landtage um so weniger im voraus bestimmen läßt, als die Dauer dieser 
Verhandlungen hauptsächlich davon mit abhängt, ob die vom Landtage zu den 
verschiedenen Gesetzentwürfen zu stellenden Anträge eine bereitwillige Aufnahme 
Seitens der landesherrlichen Commissarien finden; 2) daß der Landtag eifrigst 
bestrebt gewesen ist, dem ausgesprochenen Wunsche der Staatsregierung nach 
möglichster Beschleunigung der Verhandlungen auf jede Weise zu entsprechen 
und die Berathungen so weit abzukürzen, als dies bei der Wichtigkeit der vor- 
liegenden Gesetze mit den Interessen des Landes irgend vereinbar erschien; 
3) daß den Landtag kein Vorwurf trifft, wenn es nicht möglich gewesen ist, 
die Berathung so zahlreicher und umfassender Gesetzvorlagen innerhalb einer 
Frist von vier Wochen, wie gewünscht worden, zu beendigen, und zwar um 
so weniger, als dem Landtage einerseits die betrefsenden Gesetzentwürfe großen= 
theils in einer unfertigen und unzweckmäßigen Form zur Berathung 
überwiesen sind, so daß dieselben erst mit einem beträchtlichen Zeitaufwande 
durch den Landtag unter Zuziehung von Regierungs-Commissarien haben 
umgearbeitet und neu redigirt werden müssen, andererseits aber dem 
gegenwärtigen Landtag die unabweisbare Pflicht obliegt, auch die bestehenden 
Dessau-Köthen'schen Gesetze, welche auf den vormals bernburgischen Landestheil 
ausgedehnt werden sollen, einer Berathung zu unterziehen, da diese Gesetze 
größtentheils ohne landständische Mitwirkung, ja zum Theil unter ausdrück- 
lichem Vorbehalte der nachträglichen Zustimmung des Landtags nur provi- 
sorisch erlassen worden sind, eine Pflicht, von deren Erfüllung sich der 
Landtag durch die ausgesprochenen Wünsche und. das eigene Streben nach 
möglichster Beschleunigung der Verhandlungen nicht abhalten lassen darf; 
4) daß nach § 18 der Landschaftsordnung der Beirath des Landtags zu 
allen Gesetzen, welche das gemeine Wohl und das Beste des Landes angehen, 
erforderlich ist, daß mithin der für den Fall einer längeren Dauer der Ver- 
handlungen in Aussicht gestellte Verzicht der Krone auf den Beirath des 
Landtags zu den vorgelegten Gesetzen, welche das Wohl des Landes auf das 
Tiefste berühren, ganz abgesehen von der Frage, in wie weit es nach den 
Paragraphen 19 und 31 der Landschaftsordnung zum Erlasse der betreffenden 
Gesetze einer Zustimmung des Landtags bedarf, den Bestimmungen der 
Landschaftsordnung zuwider läuft — beschließt der Landtag: 
a. den landesherrlichen Commissarien gegenüber die Erklärung abzugeben, daß 
sich zur Zeit noch nicht bestimmen läßt, ob die Publikation der zur Berathung 
vorliegenden Gesetze bis zum 1. Juli dieses Jahres erfolgen kann, daß der 
Landtag aber jeden Vorwurf einer Verzögerung der Verhandlungen mit Ent- 
schiedenheit zurückweisen muß; b. eine unterthänigste Vorstellung an Se. 
Hoheit den Herzog zu richten und darin unter Bezugnahme auf die ein- 
schlagenden Bestimmungen der Landschaftsordnung die gnädigste Ertheilung 
einer beruhigenden Erklärung, daß es nicht in der höchsten Absicht liege,