Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfter Jahrgang. 1864. (5)

132 Deutschland. 
gesuchte Entlassung als Minister des Ausw. und wird durch den 
F.-M.-L. Graf Mensdorff-Pouilly ersetzt. 
28. Oct. (Kurhessen). Die Ständeversammlung beschließt einstimmig 
die Niedersetzung eines Ausschusses, um wegen der seit Jahren auf 
allen Gebieten der Gesetzgebung durch Schuld der Regierung einge- 
tretenen Stockung geeignete Vorschläge einzubringen und bestellt den 
Ausschuß aus je 3 Mitgliedern aus jedem der 4 Stände, Ritterschaft, 
Höchstbesteuerten, Städten und Landgemeinden. 
30. „ (Deutsch-dänischer Krieg). Abschluß des definitiven Friedens 
zwischen Oesterreich-Preußen und Dänemark. Derselbe lautet so günstig 
als nur immer möglich für Dänemark. Dänemark tritt seine „Rechte“ 
auf die Herzogthümer Holstein, Schleswig und Lauenburg an Oesterreich 
und Preußen ab, die Enclaven werden in Nordschleswig compensirt, 
es behält die Halbinsel Stenderup zu besserer Sicherung Fünens, die 
Kriegskosten werden vollständig auf die Herzogthümer gewälzt, die außer- 
dem eine verhältnißmäßig überaus hohe Quote der dänischen Staats- 
schuld zu übernehmen haben (s. den Wortlaut Beilage II.). 
31. „—1. Nov. Generalversammlung des Nat.-Vereins in Eisenach. Die- 
selbe beschließt: 
I. In der deutschen Frage: „Der Nationalverein, durchdrungen von 
der gleichmäßigen Nothwendigkeit eines deutschen Parlaments und einer ein- 
heitlichen Centralgewalt, hält fest an seinem Beschlusse vom 6. Oct. 1862, 
durch welchen die Reichsverfassung sammt Wahlgesetz und Grundrechten als 
der Rechtsboden der Nation anerkannt wurde. Ueber die Träger der 
Centralgewalt hat die im Parlament vertretene gesammte Nation zu ent- 
scheiden. Dieser höchsten Entscheidung haben sich alle Parteien, Stämme, 
und Staaten zu unterwerfen. So lange die freiheitsfeindliche und un- 
deutsche Richtung der Regierungen in den Einzelstaaten, namentlich in Preu- 
ßen, fortdauert, ist die Durchführung der Reichsverfassungunmög- 
lich. Ohne das höchste Ziel der nationalen Bewegung auch nur einen Moment 
aus den Augen zu verlieren, ist es daher eine dringende Aufgabe des Vereins 
und die Pflicht der Vereinsgenossen, die freiheitliche Entwicklung in den Einzel- 
staaten mit thatkräftiger Benutzung aller verfassungsmäßigen Mittel zu erkäm- 
pfen und die in den particularistischen Tendenzen der Regierungen und der 
Gesetzgebung in den Einzelstaaten begründeten Hindernisse einer nationalen 
Entwicklung wegzuräumen. Hier ist das Feld, auf welchem die gemeinsame 
Arbeit an dem großen nationalen Werk angegriffen werden muß und mit sicherer 
Aussicht auf Erfolg durchgeführt werden kann.“ 
II. In der schleswig-holsteinischen Frage: „Der Nationalverein 
erklärt es für die Pflicht des deutschen Volkes, zu wachen über das Selbst- 
bestimmungsrecht der durch deutsche Tapferkeit befreiten Herzogthümer. 
Nur die Interessen Deutschlands dürfen es beschränken. Es 
ist daher die Aufgabe der Vereinsgenossen, den Herzogthümern in dem Kampfe 
gegen jede Vergewaltigung zur Seite zu stehen und mitzuwirken, daß endlich 
ihnen das bisher mißachtete Recht zurückgegeben werde durch Einberufung der 
Landesversammlung auf Grund des Staatsgrundgesetzes vom 15. Sept. 1848 
und die Anerkennung und Einsetzung des vom Lande berufenen Herzogs Fried- 
rich VIII. Der Nationalverein verwirft auf das entschiedenste 
die Annexion der Herzogthümer an Preußen als eine schwere Ge- 
fährdung der bundesstaatlichen Einigung der Nation. Die deutschen Interessen, 
die Vertheidigung deutscher Küsten, deutscher Handel und deutsche Industrie