England. 199
Belgien war vollkommen zutreffend. In Belgien stand das Volk auf und
bemächtigte sich der Hauptstadt. In Holstein und Schleswig erfolgte dagegen
die Thronbesteigung des jetzigen Königs ganz friedlich. Erst als die deutschen
Truppen in Holstein einrückten und insurrectionelle Bewegungen schützten
und ermunterten, trat jene Opposition gegen die Herrschaft Christians IX. zu
Tage und erst als zahlreiche democratische Agenten des deutschen Nat.-Vereins
sich über die Dorfschaften Holsteins ausbreiteten, zeigte die ländliche Bevölkerung
irgend einen Widerwillen gegen die Herrschaft des Königs von Dänemark.
Selbst jetzt zeigen die Dorfbewohner wenig Lust, freiwillig die Fluth der
dcutschen Invasion anzuschwellen. Alles berechtigt vielmehr zu der Annahme,
daß, wenn die deutschen Truppen Holstein räumten, die Autorität Christian IX.
leicht und ruhig wieder hergestellt würde."“ "
24. Jan. Depesche Russels an den englischen Gesandten in Paris:
29. „
„Der franz. Botschafter las mir eine Depesche vor, durch die er angewiesen
war, anzufragen, ob die Depesche Ih. Maj. Regierung v. 18. d. M. auf
materielle oder bloß auf moralische Unterstützung Dänemarks hinweise. Ich
9 daß sie allerdings auf materielle Unterstützung hin-
weise.“ "
Die Canalflotte wird von der Regierung mit Rücksicht auf die
deutsch-dänische Verwickelung heimbeordert.
30. „ Frankreich lehnt eine materielle Unterstützung Dänemarks und einen
eventuellen Krieg mit Deutschland unumwunden ab.
4. Febr. Eröffnung der Parlamentssitzung durch königl. Commission. Die
Thronrede erklärt, daß "
„die Lage des europ. Continents der Königin große Sorge verursache und
daß sie, beseelt von dem Wunsche der Erhaltung des europ. Friedens und
ununterbrochen bemüht, eine friedliche Ausgleichung der zwischen Dänemark
und Deutschland entstandenen Differenzen herbeizuführen und die Gefahren
abzuwenden, welche aus dem Beginn eines Krieges im Norden Europas ent-
stehen dürften, ihre Bestrebungen im Interesse des Friedens fortsetzen werde."
Adreßdebatte in beiden Häusern. Lord Derby verurtheilt im Ober-
haus die auswärtige Politik der Regierung namentlich gegenüber Deutschland,
das wohl wisse, daß ein von dem allseitig isolirten England geführter Krieg
ihm nicht gefährlich sei; in der That aber wäre ein solcher Krieg Englands
größtes Unglück. Im Unterhaus beklagt Disraeli die auswärtige „Confusions=
politik“ Englands; Polen sei erst ausgemuntert und dann verlassen, Frankreich
beleidigt, Deutschland durch Graf Russell, Dänemark durch Lord Palmerston
aufgehetzt worden. Russel vertheidigt im Oberhaus, Palmerston im Unter-
haus die Regierungspolitik: Der Krieg sei zwecklos, nachdem den deutschen
Großmächten angeboten worden, die Aufhebung der dinisch-schl eswigschen
Novemberverfassung durch die Großmächte zu garantiren und jene die Fest-
haltung des Londoner Vertrags zugesagt hätten.
6. „ Dänemark verlangt die Hülfe Englands, Frankreichs, Rußlands
und Schwedens. Das Gesuch ist bei den drei ersteren Mächten auf
die Garantie Schleswigs vom J. 1720 gestützt.
18. „Die Forts Vigo und Abrams auf der Insel Corfu werden auf
Befehl der englischen Regierung geschleift.
19. „ England lehnt das Hülfegesuch Dänemarks v. 6. Febr. ab:
„Ohne den Schritt Dänemarks v. 25. Januar hätte die englische Regierung
Dänemark nicht einmal seine guten Dienste gewähren können; weitere Schritte
könnten nur im Einverständniß und nach reiflicher Ueberlegung mit Frankreich