Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfter Jahrgang. 1864. (5)

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pesche vom 30. October näher bezeichneten Gränzen hält, sie seitens der 
kaiserlichen Regierung nicht desavouirt werden wird.“ 
31. Oct. Der König verzichtet auf 3¼ Mill. seiner Civilliste zu Gunsten 
des bedrängten Staatsschatzes. 
— „, Eine große Anzahl von Erzbischöfen und Bischöfen aus den ver- 
schiedenen Provinzen des Reichs protestirt gegen ein Circular des 
abgetretenen Ministers Pisanelli, welches die geistlichen Seminarien 
der allgemeinen Oberaufsicht des Staates unterworfen hatte. 
— Nov. General Cialdini läßt die österr. Grenze sorgfältig besetzen, um 
jeden Zuzug zu den Aufständischen in Friaul zu verhindern. 
4. „ Der Fianzminister Sella legt dem Parlament die verzweifelte 
Finanzlage des Staates dar und verlangt die Genehmigung einer 
Reihe schwerer Steuerhöhungen, sowie die Vorausbezahlung der 
Grundsteuer für 1865, um dem drohenden Staatsbankerott zu ent- 
gehen. — Der Minister des Innern Lanza legt einen Gesetzesent- 
wurf vor, der Turin 1,067,000 L. Rente als Entschädigung für 
die Verlegung der Hauptstadt gewährt. — Der Justizminister Vacca 
zieht den Gesetzesentwurf bez. der geistlichen Orden zurück und ver- 
spricht, nach genommener Rücksprache mit dem Finanzminister bald 
einen andern vorzulegen. 
7. „ Beginn der Debatte über die Frage der Verlegung der Haupt- 
stadt. Der Abg. Ferrari stellt die Präjudicialfrage, indem er verlangt, 
daß die Convention selbst dem Parlament zur Annahme oder Ver- 
werfung vorgelegt werde. « 
Dep. Lamarmora's an den Gesandten in Paris als Antwort auf 
die Dep. Drouyn de l'Huys v. 30. Oct.: 
„.. Die Minister des Königs haben den Willen, und sie wissen, daß sie 
auch die Kraft haben, den Vertrag pünklich und unverletzt auszuführen. Ihr 
Entschluß ist in dieser Beziehung nicht bloß durch die Loyalität geboten, welche 
verlangt, daß die von einer Regierung übernommenen Verpflichtungen gehal- 
ten werden, und durch die Erkenntlichkeit und die Freundschaft, welche Italien 
mit Frankreich verbinden, sondern auch durch die persönliche Ueberzeugung 
eincs jeden von ihnen, daß die beste Politik für Italien in der vollständigen 
Ausführung der Convention vom 15. September bestehe.. Der Vertrag 
vom 15. Sept. genügt vollständig den Erfordernissen der Lage in Bezug auf 
das Papstthum, indem er Frankreich und der katholischen Welt bestimmte 
Bürgschaften gibt. Wenn Italien, durch die Verpflichtungen, die es übernom- 
men hat, auf die Anwendung von Gewaltmitteln verzichtet hat, so wird es 
noch vielmehr alle jene unterirdischen Wege vermeiden, deren Erwähnung, ich 
muß es gestehen, in der Depesche des kaiserlichen Ministers der auswärtigen 
Angelegenheiten ich nicht ohne Schmerz bemerkt habe, und an die auch nur 
zu denken, wir von uns weisen. Aber es ist nicht minder wahr, daß Ita- 
lien volles Vertrauen zu der Wirksamkeit der Civilisation 
und des Fortschrittshegt, deren Macht allein hinreichen wird, 
wir haben die feste Zuversicht, seine Bestrebungen (as pira- 
tions) zu verwirklichen. In Betreff der Folgen, welche die Wirksam- 
keit der Elemente der Civilisation und des Fortschritts herbeiführen können, 
kann jede der beiden contrahirenden Mächte ihre besondere Meinung haben