Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfter Jahrgang. 1864. (5)

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und festhalten; aber ich vermag nicht einzusehen, wie diese Meinung. noch den 
Gegenstand einer praktischen Erörterung abgeben könnte, sobald nur Italien 
auf das Bestimmteste erklärt, daß, wenn seine Bestrebungen (aspirations) 
sich verwirklichen sollten, dies sicherlich nicht geschehen werde durch eine that- 
sächliche Verletzung des Vertrages von Seiten seiner Regierung. Und welches 
sind, außer der strengen Beobachtung der Convention, die nationalen Bestre- 
bungen Italiens? Herr Droyun del'Huys hat beabsichtigt, sie in seiner oben 
gedachten Depesche zu bestimmen und zu präcisiren. Die Regierung des Kö- 
nigs sieht sich mit Bedauern außer Stande, dem keiserlichen Minister der 
auswärtigen Angelegenheiten auf dieses Gebiet zu. folgen. Die Bestrebungen 
(aspirations) eines Landes gehören dem nationalen Gewissen an und können 
nach unserer Ansicht, unter keinem Rechtstitel Gegenstand einer Verhandlung 
zwischen zwei Regierungen werden, was auch die Bande sein mögen, welche 
die letzteren mit einander verbinden.. Was die Bedeutung angeht, welche die 
Regierung des Königs der Verlegung der Hauptstadt beilegt, so habe ich, 
Herr Minister, nichts zu thun, als die Thatsachen selber reden zu lassen. Die 
italienische Regierung hat die Ausführung dieser Vertragsbedingung, welche 
vielleicht die schwerste und zarteste aller von uns durch die Uebereinkommen 
vom 15. September übernommenen Verpflichtungen ist, schon vorbereitet. 
Vorbehaltlich der Berathungen des Parlaments wird binnen wenigen Monaten 
Florenz die Hauptstadt Italiens sein. Was späterhin in Folge von. Eventu- 
alitäten, welche in den Bereich der Zukunft gehören, sich ereignen kann, das 
kann heute beide Regierungen noch nicht beschäftigen. Mit Recht bemerkt 
Herr Drouyn de IHuys: „Den Ereignissen ist es überlassen, dieses Problem 
zu stellen.“ . Schließlich habe ich, Herr Minister, weil Herr Drouyn de 
1 Huys die Initiative hierin ergriffen, der Eventualität noch zu gedenken, daß 
auf freien Antrieb in Rom eine Revolution ausbräche und die weltliche Macht 
des heil. Vaters umstürzte. Der kaiserliche Minister der auswärtigen Ange- 
legenheiten behält in diesem Falle vollkommene Freiheit der 
Aktion für Frankreich vor; Italien seinerseits macht be- 
greiflich denselben Vorbehalt.“ 
8. Nov. Die II. Kammer verwirft die Präjudicialfrage bezüglich der 
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Septemberconvention und beschließt, in die Discussion der Regie— 
rungsvorlage einzutreten. Commissionalbericht Mosca. 
„ Debatte der II. Kammer über die Verlegung der Hauptstadt. 
Rede Lamarmora's bezüglich Rom und Venedig. — Die Linke hält 
nach der Rede des Ministerpräsidenten eine Parteiversammlung: ein 
großer Theil derselben erklärt, nunmehr für die Regierungsvorlage 
stimmen zu wollen. « 
„ Debatte der II. Kammer über die Verlegung der Hauptstadt. 
Rede des Ministers Lanza. Lamarmora erläutert seine Aeußerungen 
v. 13. d. M. 
„ Das Militär sprengt an der österr. Gränze eine Bande, welche 
den Aufständischen in Friaul zuziehen will, auseinander und nimmt 
sie gefangen. 
„ Der Finanzminister Sella erklärt, daß. bis zum 25. Nov. von 
der Kammer und vom Senat Vorsorge getroffen sein müßte, weil 
sonst die Staatsmaschine nicht weiter fortarbeiten könnte. 
„ Die Regierung erklärt sich in der offic. Ztg. gegen den Aufstands- 
versuch in Friaul. 
„ Schluß der Verhandlungen der II. Kammer über die Verlegung