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Deutsch-
land.
Urbersicht der Ereignisse des Jahres 1861.
die klarsten Verpflichtungen außer Acht setzte, sein Ziel ohne Wanken
und mit allen Mitteln rastlos verfolgte und den Beschwerden des
deutschen Bundes höhnisch auszuweichen wußte. Eben glaubte Däne-
mark durch die sogenannte November-Verfassung am Ziele angelangt
und sich die längst umgarnte Beute dauernd gesichert zu haben, als
König Friedrich VII. starb. Dieser Tod mahnte der ganzen so lange
nur mühsam mit allen Mitteln der Diplomatie in der Schwebe ge-
haltenen Situation plötzlich ein Ende. Während Christian von
Glücksburg gestützt auf den Londoner Vertrag, den die sämmtlichen
Großmächte mit Einschluß Oesterreichs und Preußens gegen die ur-
alten Rechte dieser Lande geschlossen hatten und dem nach und nach
fast alle andern Staaten Europas beigetreten waren, den Thron von
Dänemark bestieg, die Herzogthümer mit seinen Truppen besetzt hielt
und ihre Huldigung zu erzwingen bemüht war, erhob alsbald auch
der Prinz Friedrich von Augustenburg seine auf das Erbrecht seines
Hauses, das der Londoner Vertrag nur thatsächlich, aber nimmermehr
rechtlich hatte beseitigen können, gegründeten Ansprüche auf den
Thron der vereinigten Herzogthümer und hinter ihm stand die öf-
fentliche Meinung von ganz Deutschland. Hunderte von Vereinen
und Versammlungen wuchsen an allen Ecken und Enden von Deutsch-
land wie aus dem Boden empor und gaben dem zum festen, nach-
haltigen Entschlusse gereisten Willen der Nation Ausdruck, daß den
Herzogthümern nunmehr endlich ihr Recht werden müsse und daß sie
trotz des Londoner Vertrags endgültig und für immer von Dänemark
befreit und losgelöst werden müßten. Die Macht der nationalen
Bewegung schien einen Augenblick alles mit sich fortzureißen und
selbst dem alten Bundestage wieder neues Leben einzuhauchen.
Patriotischen Sinnes ging der Herzog von Coburg-Gotha den übrigen
deutschen Fürsten mit gutem Beispiel voran, anerkannte ohne Zögern
den Prinzen Friedrich als Herzog von Schleswig-Holstein und gestattete
ihm, seinen Wohnsitz vorerst in Gotha zu nehmen und sich daselbst
eine Art von Ministerium zu bilden; die Großherzoge von Baden
und Sachsen-Weimar folgten seinem Beispiel; der König von Bayern
kehrte eilends von Rom in die Mitte seiner getreuen Unterthanen
zurück, erklärte die Erbansprüche des Augustenburgers wenigstens
für „„rechtlich begründet“ und daß er bereit sei, „mit allen Kräften
für die Durchführung der hiedurch bedingten Politik für die