Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfter Jahrgang. 1864. (5)

 
 
 

 
 
 
 
 
Allgemeine Chronik. 
12.   Jan. (Italien). Die Deputirtenkammer beschließt mit 150 gegen 46 Stimmen 
die Verlängerung des Brigantengesetzes bis Ende April und votirt ein Dar- 
lehen von 1 Mill. L. für Herstellung von Landstraßen in der von den Bri- 
ganten vorzüglich heimgesuchten Provinz Basilicata. 
„ (Belgien). In Brügge unterliegen bei den Wahlen zum Repräsentanten- 
Haus die Regierungscandidaten der clericalen Partei. Die Majorität der 
ministeriellen Partei im Repräs.-Haus ist dädurch eine zweifelhafte geworden 
und das Ministerium bietet deshalb dem König seine Entlassung an. Lange 
Ministercrifis. 
13.  „ (Preußen). Das Abg.-Haus verweigert neuerdings mit 280 gegen 35 Stim- 
men die im Budget für 1864 von der Regierung angesetzten Summen für 
die Armeereorganisation. 
14.  „ Deutschland. — Bundestag). Der österreichisch-preußische Antrag bez. 
Schleswig wird mit 11 gegen 5 Stimmen abgelehnt; der Antrag Hessen- 
Darmstadts bleibt in der Minderheit. Oesterreich und Preußen erklären, die 
Angelegenheit nunmehr allein ohne den Bund in die Hände nehmen zu wollen. 
Verwahrung Bayerns. · 
„ (Frankreich). Adreßdebatte des gesetzgebenden Körpers. Thiers vertheidigt 
das Amendement der Opposition bezüglich der offiziellen Candidaturen. Es 
wird mit 198 gegen 44 Stimmen verworfen. 
15.  „ (Oesterreich). Interpellation Rechbauers im Abg.-Hause bezüglich der 
undeutschen Politik der Regierung gegenüber Dänemark. 
„ (Deutschland. — Baden). Die Regierung beschließt, alle Maßregeln, 
welche einer Mobilisirung des gesammten badischen Armeecorps vorhergehen 
müssen, sofort eintreten zu lassen. 
„ (Italien). Garibaldi setzt durch ein Manifest ein Central-Actions-Comité 
ein. Die Regierung belegt alle Blätter, die dasselbe bringen, mit Beschlag 
und erläßt ein Circular an die Präfecten gegen die Umtriebe der Actionspartei. 
„ (Rußland). Entlassung des letzten Gouverneurs polnischer Nationalität 
im Königr. Polen. Dasselbe ist in den Spitzen der Verwaltung nunmehr 
wieder vollständig russificirt. 
16.  „ (Oesterreich und Preußen) richten an Dänemark die Sommation, die 
Verfassung für Dänemark-Schleswig v. 18. Nov. 1863 binnen 48 Stunden 
wieder aufzuheben. 
„ (Rußland). Die Regierung beginnt in Polen Loyalitätsadressen einzu- 
ziehen, zuerst von den Juden und Kaufleuten, dann von den Beamteten, 
endlich von den Adelscorporationen. 
„ (Dänemark) lehnt das Verlangen Oesterreichs und Preußens, die neue 
Verfassung für Dänemark-Schleswig sofort außer Kraft zu setzen, einfach ab 
und kann sich noch nicht dazu entschließen, Oesterreich und Preußen, wie 
England dringend wünschte, wenigstens zu erklären, daß es bereit sei, den 
Reichsrath sofort einzuberufen, um die Verfassung v. 18. Nov. in constitutio- 
neller Weise abzuschaffen. 
„ (England) schlägt Frankreich und den übrigen Theilnehmern des Londoner 
Vertrags gemeinsame Schritte behufs Sicherung der Integrität der dänischen 
Monarchie und zwar eventuell auch durch materielle Unterstützung Dänemarks vor. 
18/20. Jan. (England) verlangt zuerst von Oesterreich und dann von Preußen 
die förmliche Erklärung, daß sie an dem Princip der Integriät der dänischen 
Monarchie festhalten. 
18. Jan. (Italien). Die Regierung legt dem Parlament einen Gesetzesentwurf 
 
 
bezüglich Unterdrückung der geistl. Körperschaften u. Aufhebung des Zehntens vor. 
19.  „ (Deutschland. — Bundestag). Beruhigende Erklärung Oesterreichs 
und Preußens. 
„  ,,   (Preußen). Das Abg.-Haus verwirft den Regierungsantrag auf Abän- 
derung des Art. 99 der Verfassung (Beschränkung des Budgetbewilligungs- 
rechtes) mit allen gegen die Stimmen der feudalen Fraction.