Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfter Jahrgang. 1864. (5)

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Deutschland. 
Ende Apr. (Preußen). Gedicht für Annexion der Herzogthümer an Preu- 
ßen, gedruckt in der Decker'schen Oberhofbuchdruckerei. 
— Apr. (Oesterreich). Von Seite keines der im Laufe des März 
und April versammelten Landtage der deutsch-österreich. Kronländer, 
auch nicht derjenigen von Oberösterreich oder Steiermark, erfolgte 
eine Demonstration für die deutsche Sache in den Herzogthümern, 
sondern lediglich loyale Anerkennung der tapfern Armee. 
— Mai. (Holstein und Schleswig). Von Preußen aus wird in den 
 
 
 
 
beiden Herzogthümern eine Adresse an den König von Preußen in 
Umlauf gesetzt, welche geradezu die Einverleibung der Herzogthümer 
in Preußen verlangt: 
„ . Ew. k. Maj. Feinde sind unsere Feinde! Sie sind unseres Landes 
schonungslose, rücksichtslose Aussauger und Unterdrücker gewesen. Wir 
wagen es, in diesem feierlichen Augenblick auszusprechen, was die Brust vieler 
Tausende bewegt und die laute Freude unseres Herzens noch mit einem Wölk- 
chen bangen Schweigens verschleiert: der Sieg der Preußen würde sich in 
unser Aller entsetzlichstes Unglück, in den vollständigsten Ruin unserer Fa- 
milien verwandeln, er würde Tausende von uns auf immer von dem Boden 
ihres Geburtslandes verbannen, wenn Ew. Maj. nach dem, was sich jetzt 
unter uns zugetragen, Ihre schützende Hand von uns abzögen und uns unter 
irgend einer Form wiederum dem dänischen Regimente überließen. Königliche 
Majestät! Ein gemeinsames Band des Schutzes und Trutzes gegen Dänemark 
und jeden andern äußern Feind umschlinge unser Land bis zur Königsau 
mit Preußen! Schleswigs Söhne sind bereit, ihre Seetüchtigkeit auf der 
preußisch-deutschen Kriegsmarine zu bewähren und mit Preußen und Deutschland 
gegen ganz Europa einzustehen für des preußisch-deutschen Reiches Grenze 
an der Königsau und für der Herzogthümer Selbstregierungsrecht und innere 
provinziale und locale Freiheit und Selbständigkeit. Die Integrität des 
 preußisch-deutschen Reiches deutscher Nation bis zur Königsau und 
die innere Selbständigkeit der Herzogthümer, das sei unser, sei Preußens und 
ganz Deutschlands oberstes Princip, Feldgeschrei und Losung! Möge der Gott 
der Heerschaaren und Schlachten, der auch der Gott des Völkerglücks und der 
Wohlfahrt des Einzelnen ist, Ev. Majestät Herz lenken, daß es in dieser für 
unsere, für Preußens und Deutschlands Zukunft vielleicht auf Jahrhunderte 
entscheidenden Zeit, unbekümmert um der Engländer, Russen, Franzosen 
Dreinreden, sich entschließe und handle, wie Ew. Majestät großer Ahnherr, wie 
König Friedrich solcher Lage und Aufgabe, gegenüber sich entschlossen und ge- 
handelt haben würde." 
2.  „ (Zollverein). Endliche Wiedereröffnung der Berliner Zoll- 
conferenz. Die Vertreter Bayerns, Württembergs, Hessen-Darmstadts 
und Nassau's fehlen; diejenigen Kurhessens und Hannovers erklären, 
daß sie nur bei einer Betheiligung aller Zollvereinsregierungen an 
weiteren Verhandlungen Theil nehmen könnten. 
(Hessen-Darmstadt). Die II. Kammer steht davon ab, in 
eine nochmalige Berathung des Gesetzesentwurfs über die religiöse 
Erziehung der Kinder einzutreten. 
3.  „ (Bundestag). Die Mehrheit der vereinigten Ausschüsse erklärt 
sich gegen die von den beiden Großmächten vorgeschlagene Besetzung 
der schleswig'schen Insel Fehmarn durch Bundestruppen und beharrt