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Deutschland.
der Wissenschaft begründeten Landes-, Staats- und Fürstenrecht der Herzogthü—
mer Schleswig-Holstein und ihres angestammten Herzogs Friedrichs VIII. einge-
treten ist. Inzwischen hat der ruhmreiche Erfolg der österreichisch-preußischen
Waffen eine Politik der deutschen Großmächte begleitet, welche nach ihren kund-
gegebenen Motiven und Zwecken mit den Gefühlen der deutschen Nation in Wider=
spruch stand. Der Feind ist ohne den Bund geschlagen. Allein das Recht, um das
es sich handelt, ist von den Siegern bis zur Stunde nicht nur nicht anerkannt,
sondern noch vor der Befragung der schleswig-holsteinischen Stände zum Gegen-
stande der Verhandlung mit fremden Mächten gemacht. Sich selbst und seinen
Grundsätzen treu, hält es der Reformverein an der Zeit, wiederholt und feier-
lich auszusprechen und insonderheit dem Vertreter des deutschen Bundes in Lon-
don zuzurufen, daß die deutsche Nation, insolange sie sich selber achtet, jede
Lösung der schleswig-holsteinischen Frage, die gegen das Recht der Herzog-
thümer, ohne Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter und ihres Fürsten er-
folgt, von sich weist und weisen muß!“
8. Mai. (Preußen) richtet eine Circulardep. an die deutschen Regierungen,
in der es erklärt, daß es mit Oesterreich auf die von ihnen vorge-
schlagene Betheiligung des deutschen Bundes an dem weiteren Kriege
gegen Dänemark durch Besetzung der schleswigschen Insel Fehmarn
mit deutschen Bundestruppen verzichte und zugleich auf das ganze
bisherige Verhältniß zwischen den beiden Großmächten und den übrigen
Bundesstaaten in dieser Angelegenheit von seinem Standpunkte aus
einen Rückblick wirft:
„.. Durch den Beschluß vom 14. Jan. d. J. hat der Bundestag zu un-
serm lebhaften Bedauern diese Theilnahme abgelehnt, und wir sahen uns ge-
nöthigt, mit Oesterreich allein die Wahrung deutscher Interessen in die Hand
zu nehmen. Unser Vorgehen wurde von unerwartet raschem Erfolge gekrönt;
doch blieb auch nach dem ersten Gelingen noch eine ernste kriegerische Thätig-
keit in Aussicht und wir glaubten alsdann bei den deutschen Regierungen den
sehr natürlichen und gerechtfertigten Wunsch wahrzunehmen, an dieser Thä-
tigkeit sich zu betheiligen. Wir waren bereit, diesem Wunsche entgegen-
zukommen, denn wir begriffen sehr wohl, wie schmerzlich es namentlich den in
Holstein aufgestellten deutschen Truppen sein mußte, müßige Zuschauer der Kriegs-
thaten der verbündeten Armee zu bleiben. Aus dieser Rücksicht ging der öster-
reichisch-preußische Antrag vom 25. Februar d. J. hervor, welcher offenbar den
Umständen am angemessensten war und den deutschen Regierungen die leichteste
Gelegenheit bot, durch einen raschen Entschluß in die weitere Entwickelung
der kriegerischen Ereignisse mit einzugreifen und zugleich Mißstände zu be-
seitigen, welche sich in Betreff der nothwendigen Maßregeln zur Sicherung
unserer Armee im Rücken und ihrer Verproviantirung ergeben hatten und
welche dem Auslande das traurige Schauspiel deutscher Uneinigkeit in einem so
entscheidenden Momente zu bieten drohten. Die ohne Kriegserklärung er-
folgte Wegnahme deutscher Schiffe — auch außer den österreichischen und preu-
ßischen — Seitens der Dänen hätte unseres Erachtens diesen Entschluß nur
erleichtern können. Statt dessen begegnete die Annahme unseres Antrags un-
erwarteten Schwierigkeiten von den verschiedensten Seiten her. Von einer Seite
verlangte nian eine vorhergehende Sommation an Dänemark, von anderer Seite
die Theilnahme anderer deutscher Regierungen an der Besetzung Holsteins durch
Heranziehung entlegener Bundesarmeecorps. Daneben wurden wegen des Ko-
stenpunktes Schwierigkeiten erhoben; und endlich wurde die Theilnahme des
Bundes an der Verwaltung des durch unsere Streitkräfte eroberten Herzog-
thums Schleswigs durch einen vom Bundestag zu ernennenden Commissär
beansprucht. Wie wenig wir auch diese Forderungen als nothwendig in der
Natur der Sache begründet erachten konnten, so sind wir doch in keiner der-