Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

186                       Die süddeutschen Staaten. 
nur die Wehrkraft Bayerns zu erhöhen, sondern auch die übrigen sübwest- 
deutschen Staaten zur Einrichtung einer gleichmäßigen und kräftigen Heeres- 
organisation zu bestimmen. Die Staatsregierung ist bestrebt, diese Ueber- 
einstimmung herbeizuführen und damit die Annäherung des Südens von 
Deutschland an den Norden zu fördern, zugleich aber auch die eigene Unab- 
hängigkeit, so weit dieß an uns liegt, vor Annexionsgelüsten, von welcher 
Seite sie auch kommen mögen, zu wahren. Erlauben Sie mir nun, meine 
Herren, zum Schlusse noch einmal die Aufgabe der bayerischen Politik in 
wenigen Worten zusammen zu fassen. Es ist die Anbahnung eines Ver- 
fassungsbündnisses mit den übrigen Staaten Deutschlands, 
so bald und so weit dieß unter Wahrung der bayerischen Souveränetäts= 
rechte und der Unabhängigkeit des Landes möglich ist; — bis zur Erreichung 
dieses Zieles die Schaffung einer achtunggebietenden Macht, nicht durch die 
Organisation des Heeres allein, sondern auch durch den Ausbau unserer 
inneren Staatseinrichtungen auf freisinniger Grundlage, 
durch Hebung des Selbstbewußtseins und des Vertrauens in unsere eigene 
staatliche Existenz. Wenn uns dieß gelingt, so wird man unser Bündniß 
suchen und wir werden nicht nöthig haben, uns ängstlich nach einem schir- 
menden Dach umzusehen; dann wird es auch gelingen, für die wichtige Frage 
über die Reorganisation des Zollvereins eine würdige und den Interessen 
des Landes enssprechende Lösung zu erzielen. Ob eine solche Lösung durch 
Besprechung dieser Frage in diesem hohen Hause gefördert wird, gebe ich 
Ihrer patriotischen Würdigung anheim.“ 
23. Jan. (Bayern). II. Kammer: Schluß der Adreßdebatte. Rede 
des Abg. Umscheiden (für einen Anschluß der südd. Staaten an 
Preußen, aber im Sinne der Triasidee als selbständiges Mittelglied 
zwischen Norddeutschland und Oesterreich). Neue Erklärung Hohenlohe's: 
„Die eben gehörte Rede, in welcher ich dankbar den Ausdruck des Ver- 
frauens zu dem Programm der Staatsregierung erkenne, veranlaßt mich, das 
Wort zu ergreisen, um vor Ihrer Discussion einige Gesichtspunkte hervorzu- 
heben. Der Herr Vorredner hat es constatirt, daß eine auf Vertrag beruhende 
Verpflichtang vorliegt, welche einem Verfassungsbündniß sämmtlicher deutscher 
Staaten entgegensteht. Ich bin nicht in der Lage, mich über den vom Herrn 
Redner angedeuteten glänzenden Weg zur Hebung dieser Schwierigkeiten zu 
äußern, und beschränke mich darauf, nochmals zu erklären, daß die Verwirk- 
lichung des nationalen Gedankens nach wie vor Aufgabe jeder deutschen, also 
auch der bayerischen Regierung ist. Die Staatsregierung wird die entgegen- 
stehenden Hindernisse zu heben suchen und sich bemühen, durch vertrags- 
mäßige Vereinbarung einen Zusammenschluß Deutschlands zu ermög- 
lichen auf Grundlagen, die mit der Integrität des Staates und der Krone 
vereinbar sind. Die Staatsregierung ist sich dabei bewußt, daß kein 
Bundesverhältniß dem nationalen Bedürfnisse entspricht, wenn nicht von den 
einzelnen Contrahenten die entsprechenden Opfer zum Gedeihen des Ganzen 
gebracht werden. Bis zur Erreichung des nationalen Zieles sucht Bayern die 
Allianz einer Großmacht und kann als deutscher Staat über die Wahl keinen 
Augenblick im Zweifel sein. Wenn ich gesagt habe, daß Bayern im Falle 
eines Krieges wider das Ausland gegen Garantie seiner Souveränetät sein 
Heer unter die Führung dieser Großmacht zu stellen bereit sei, so sind damit 
selbstverständlich jene etwaigen Kriege gemeint, durch welche die Integrität 
Deutschlands in seinem jetzigen Bestande von welcher Seite immer 
bedroht würde. Die von der Staatsregierung angebahnte Einigung der süd- 
westdeutschen Staaten zu gleichem Zweck und zum Zweck entsprechender Wehr- 
versassung und Herresorganisation wird die Annahme solcher Allianz sichern, 
die nicht ohne Gewicht in der Wagschale des Friedens sein dürfte. Meine 
Herren! Die Staatsregierung hält es für ihre dringende Pflicht, Alles auf-
	        
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