Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

Uebersicht der Ertignisse des Jahres 1867. 
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von Grundrechten wie in der preuß. Verfassung hervorzuheben und Aordd. 
ausdrücklich zu gewährleisten, der Antrag aber in namentlicher Ab- 
stimmung mit der großen Mehrheit von 180 gegen bloß 65 Stim- 
men und wenige Tage später auch die Aufnahme negativer Grund- 
rechte, d. h. die Feststellung derjenigen persönlichen und staatsbürger- 
lichen Befugnisse, welche kein Bundesstaat seinen Angehörigen 
vorenthalten dürfe, verworfen, doch bloß mit 130 gegen 128 Stimmen. 
Dagegen wurde am 20. und 21. März der Kreis der gemeinsamen 
Angelegenheiten fast einstimmig noch um das Obligationenrecht, 
Strafrecht, Handels= und Wechselrecht, das gerichtliche Verfahren, 
das Staatsbürgerrecht, Paßwesen und die Fremdenpolizei erweitert, 
namentlich aber (mit 125 gegen 122 Stimmen) die fehr bedeut- 
same Möglichkeit der Einführung directer Bundessteuern neben den 
Matricularumlagen beschlossen. Vom 23. bis zum 27. März wurde 
die Organisation der eigentlichen Bundesregierung und die Stellung 
derselben zum Reichstage behandelt. Die Errichtung eines förmlichen 
Bundesministeriums mit verantwortlichen Ministern wurde beantragt, 
aber mit 177 gegen 86 Stimmen verworfen und selbst der Antrag, 
dem Bundeskanzler wenigstens „Vorstände der einzelnen Verwalt- 
ungszweige beizugeben, welche nach dem Inhalt dieser Verfassung 
zur Competenz des Präsidiums gehören"“, unterlag mit 126 gegen 
127 Stimmen und, nochmals eingebracht, nochmals mit 124 gegen 
140 Stimmen. Der Bundeskanzler blieb der einzige Vertreter der 
Regierung gegenüber dem Reichstage und ihm blieb es überlassen, 
wie er sich mit dem Bundesrathe und mit dem preuß. Staats- 
ministerium abfinden wollte, nur daß wenigstens ausdrücklich fest- 
gesetzt wurde, daß „alle Anordnungen und Verfügungen des Bundes- 
präsidiums zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Bundes- 
kanzlers bedürfen, der dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt", 
freilich nur eine moralische. Am 28. März wurde der vom Ent- 
wurf verlangte Ausschluß der Beamten aus dem Reichstage beseitigt 
und im Gegentheile bestimmt, daß sie zum Eintritte in denselben 
keines Urlaubs bedürften und am 29. wiederum gegen die Absichten 
der Regierung beschlossen, daß „wahrheitsgetreue Berichte über die 
Verhandlungen des Reichstags von jeder Verantwortlichkeit frei sein 
sollten", am 30. sogar trotz einer energischen Erklärung Bismarcks 
die Gewährung von Diäten und Reisekosten an die Reichstagsmit- 
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Bund.
	        
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