Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1867. 483 
gierung völlig zu Willen sein: die mittleren Parteien der National= Nordd. 
liberalen und Freiconservativen verständigten sich über einen Antrag, 
dessen Annahme von Seite des Hauses gesichert schien und von dem 
sie voraussetzten, daß auch die Regierungen oder vielmehr die preuß. 
Regierung sich ihn gefallen lassen werde, da ihr in der That nicht 
minder als dem Reichstage selbst daran gelegen sein mußte, das 
Werk nicht noch im letzten Augenblicke scheitern zu lassen, vielmehr 
so schnell wie möglich unter Dach und Fach zu kommen, wie denn 
auch wirklich Graf Bismarck sich ausdrücklich weigerte, die Frage zu 
einer Cabinetsfrage zu machen. So wurde der Antrag der Feudalen: 
„Für die spätere Zeit wird die Friedenspräsenzstärke des Heeres 
durch ein Bundesgesetz festgestellt, bis zu dessen Erlaß die vorstehen- 
den Bestimmungen von Jahr zu Jahr in Kraft bleiben“ mit 167 
gegen 110 Stimmen und als er nochmals in etwas modificirten 
Fassungen gestellt wurde, trotz der leisen Drohung Bismarcks „man 
laufe Gefahr, daß das Werk noch im letzten Augenblicke scheilere", 
nochmals mit 157 gegen 119 und wiederum mit 156 gegen 120 
Stimmen verworfen, dagegen der Antrag der Mittelparteien mit 
202 gegen 80 Stimmen angenommen. Derselbe: „Nach dem 31. 
Dec. 1871 müssen diese Beträge von den einzelnen Staaten des 
Bundes zur Bundeskasse fortbezahlt werden. Zur Berechnung der- 
selben wird die im Art. 60 interimistisch festgestellte Friedenspräsenz- 
stärke so lange festgehalten, bis sie durch cin Bundesgesetz abge- 
ändert ist. Die Verausgabung dieser Summe für das gesammte 
Bundesheer und dessen Einrichtungen wird durch das Etatsgesetz 
festgestellt. Bei der Feststellung des Militär-Ausgabeetats wird die 
auf Grundlage dieser Verfassung feststehende Organisation des 
Bundesheeres zu Grunde gelegt“ — wahrt das Budgetbewilligungs= 
recht des Reichstags jedenfalls so weit, daß Biemarck constatiren 
mußte, der Beschluß „lasse allerdings die Möglichkeit zu, daß im 
Jahre 1872 ein Budget= und Militärconflict sich erneuern könne, 
dessen Folgen sich in diesem Augenblick noch nicht übersehen ließen.“ 
Er erkannte indeß, daß augenblicklich für die Regierungen entschieden 
nicht mehr zu erreichen sei und diese fügten sich der Nothwendigkeit: 
am 17. April erklärte jener, daß die Regierungen die Bundesver- 
fassung, wie sie aus den Berathungen des Reichstags hervorgegangen. 
sei und schließlich als Ganzes mit 230 gegen 53 Stimmen ange- 
· Bis-«
	        
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