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Die süddeutschen Staaten.
daß deßhalb der Vorwurf der Inconsequenz begründet wäre. Denjenigen aber,
die sich zu dem Programm des „Beobachters“ bekennen, muß — nicht von
der Regierung allein, sondern von jedem, welchem daran liegt, daß nicht alles
Bestehende über den Haufen geworfen wird, mit Entschiedenheit entgegen-
getreten werden. . . . Darum, wer es wohl meint mit dem württembergi-
schen Volk und mit dem württembergischen Staat, der wird denen, die das
Programm des „Beobachters“ bekennen, seine Stimme bei der Landtagswahl
nicht geben, sondern mit aller Kraft ihre Erwählung bekämpfen.“
12. Juni. (Hessen). Preußische Militärs werden auf Grund der
Militärconvention mehrfach in die hessische Division versetzt, jüngere
Kräfte avanciren, während die Leute alten Schlags zahlreich pensio-
nirt werden.
Die vereinigten Ausschüsse der I. und II. Kammer beschließen auf
Einführung der preußischen Gagenbezüge für die Offiziere der hes-
sischen Division vom 1. Januar 1869 an als durch die Militär-
convention geboten, anzutragen, unter der Voraussetzung einer vor-
herigen Aenderung des hessischen Militär-Pensionsgesetzes.
Die Gagenerhöhung schon für 1868 würde nämlich eine Mehrausgabe
von 80,000 fl. veranlassen und eine nochmalige Steuererhöhung pro 1868
nöthig machen. Die Schwierigkeit liegt darin, daß die preuß. Gagen höher,
die preuß. Pensionssätze dagegen niedriger sind als die hessischen. Später
wird sich der Unterschied für Hessen ausgleichen. Aber jene sollen eben nach
der Forderung Preußens sofort eingeführt werden, während die Wirkung der
geringeren preußischen Pensionssätze sich der Natur der Sache nach erst nach
längerer Zeit fühlbar machen können.
16.6. (Bayern und Württemberg). Die Unterhandlungen zwischen
beiden kommen endlich zum Abschluß und wird in München eine
Vereinbarung über die Ordnung der inskünftig angeblich gemein-
samen Festung Ulm unterzeichnet.
Die in Bayern in Aussicht gestellte Veröffentlichung der Convention unter-
bleibt in Folge Widerspruchs der württembergischen Regierung. Ueber den
Inhalt derselben verlautete nur so viel, daß sie das Cantonnement der
Truppen beider Staaten auf den resp. Territorien festsetzt. Diese Theilung
nach den Territorien, selbstverständlich im Frieden, war derjenige Vorschlag
Württembergs, den es festhielt, obgleich Bayern gerade eine solche Trennung
vermieden wissen wollte. Letzteres mußte nachgeben. Die Angabe, daß zu
den Kosten der Festungsverwaltung Bayern drei, Württemberg vier Theile
stelle, scheint irrig, sondern die auf Ulm bezüglichen Kosten gehen (abgesehen
von etwaigen Unterschieden in dem Aufwande für die Garnison) zu gleichen
Theilen. Von dem Gedanken der Trennung des noch im gemeinschaftlichen
Besitze der ehemaligen Bundesregierungen (außer dem abgefundenen Oester-
reich) befindlichen Festungs-Eigenthums wurde wieder ganz abgegangen; sie
sollte nach dem ursprünglichen Plane Bayerns noch vor der Festsetzung wei-
terer gemeinschaftlicher Administrationsbestimmungen für die Festungen aus-
geführt werden, hätte aber jedenfalls die Südstaaten sehr stark belastet.
20.6. (Hessen). II. Kammer: Debatte über das außerord. Militär-
budget für 1868 und 1869: —
Der Director des Kriegsministeriums Dornseiff ermäßigt die ur-
sprüngliche Forderung der Regierung von 3,088,181 fl. auf 3 Mill., unter
der Voraussetzung, daß die Gagenerhöhung schon vom 1. Juli l. J. an be-
willigt werde. Diese Forderung wird einstimmig abgelehnt. Hierauf wird
die Frage: ob 3 Mill. Gulden abzüglich der bereits bewilligten 1,944,910 fl.,