190 Die süddeutschen Staaten.
K. Mayer, der hierin ganz consequent ist, als süddeutsche Republik mit
Anlehnung etwa an die schweizerische Eidgenossenschaft und bald vielleicht
unter dem Protectorat einer noch größeren Macht, dann allerdings ist der-
selbe recht wohl möglich, wenn man das dafür bieten kann, was der Hr.
Abgeordnete dafür geboten hat, „einige Kronen“. Ich aber, der ich den Eid
geschworen habe, das unzertrennliche Wohl des Königs und Vaterlandes zu
wahren, ich kann die Krone meines Königs nicht für den republikanischen
Südbund bieten. Sehen wir aber ab von diesen Idealen und fragen uns,
ob außerdem das staatliche Gebilde des Südbundes ein organisches Leben
führen könnte? Sie werden mir zugeben, daß eine staatliche Organisation
etwas zu thun, eine Competenz haben muß. Wie wollen Sie nun diese
für Ihre Centralgewalt, für Ihr Parlament bestimmen? Doch nicht geringer
als die Competenz des norddeutschen Bundesraths? Dann müßten die Re-
gierungen der süddeutschen Staaten an das Bundesorgan abtreten alle die-
jenigen Gegenstände, welche in den 15 Ziffern des Art. 4 der norddeutschen
Bundesverfassung aufgeführt sind. Dabei haben Sie zu bedenken, daß Würt-
temberg und Baden in den Bundesorganen gegenüber von Bayern stets in
der Minorität wären. Sie müßten sich von Bayern vorschreiben lassen, wie
Sie die württembergischen Eisenbahnen, Telegraphen und Posten einzurichten
haben u. s. w. Das ganze württembergische Volk würde gegen ein solches
Experiment sich erheben. Die Bayern würden Bayern, die Württemberger
Württemberger auch in einem solchen Bunde bleiben. Die Majorität würde
vor allem für sich sorgen. Wenn Sie all die Gegenstände ins Auge fassen,
welche dem Bunde zufielen, so würde gewiß bald der Gedanke Platz greifen,
wenn wir einmal solche Dinge haben sollen, so wollen wir sie
lieber mit ganz Deutschland, als mit Bayern gemeinschaftlich
haben. Wenn Ihre Adresse wie die Thronrede die Pflege der nationalen
Interessen erwähnt, so muß zunächst auffallen, daß nicht auch; wie in der
Thronrede, gesagt wird, daß dieß patriotischen Sinns geschehen soll. Wenn
Sie dann in Satz 17 sagen, daß der preußische Militärstaat es nicht sei,
welchem Opfer zu bringen unserem Volke obläge, so scheint das ein Wider-
spruch gegen die abgeschlossenen Verträge, welche uns solche Opfer
auflegen, so heißt das nichts anders als: „diesem Staat halten wir die Ver-
träge nicht". (Widerspruch von allen Seiten.) Ich freue mich dieses Wider-
spruchs, denn ich sehe daraus, daß Sie die Verträge nicht beanstanden wollen;
es ergibt sich daraus, daß die Adresse nicht richtig gefaßt ist, denn Sie müssen
mir zugeben, daß meine Auslegung möglich ist. Ich habe wirklich diesen
Sinn darin gefunden und freue mich, daß es ein Mißverständniß war. Außer-
dem ist in Satz 17 von einem deutschen Staat in einer Weise gesprochen,
die dem Gefühl einer leidenschaftlichen Verstimmung einen drastischen Aus-
druck gibt. Ich möchte Ihnen zur Erwägung geben, daß eine solche Sprache
nicht dazu beiträgt, die Stellung derjenigen — mögen sie sein, wer sie wollen
— zu erleichtern, welche die Aufgabe haben, das Wohl Württembergs in
seinen auswärtigen Beziehungen zu fördern. Auch in der Politik wie im
Privatleben kommt man weiter mit versöhnlichem Sinn, als mit grollender
Leidenschaft. — Endlich noch einen Punkt. Sie selbst werden nicht verkehren
wollen mit Ministern, welche nicht ein sehr feines Gefühl für jeden Ausdruck
des Tadels haben. Wenn Sie nun den Schluß des Satzes 13 ins Auge
fassen, worin Sie eine consequente Verfolgung des Zweckes, die württem-
bergische Selbständigkeit zu erhalten, vermissen, und wenn Sie damit zu-
sammenhalten Satz 18, worin Sie, wenn auch bedingt, von völliger Ent-
ziehung des Volksvertrauens sprechen, so sieht das einem Mißtrauens-
votum gegen uns sehr ähnlich. Wir haben daher zu erwarten, daß wir
hierüber eine sehr bestimmte Erklärung von Seiten des Herrn Bericht-
erstatters erhalten."