Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunter Jahrgang. 1868. (9)

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Oesterrelch· Ungarn. 
ungarischen Krone und in einer und derselben, alle gemeinsamen Angelegen- 
heilen der gedachten Königreiche und Länder umfassenden Vertretung zum 
Ausdrucke zu gelangen hat. Aus diesem Grunde erklärt dieser treu ergebene 
Landtag, daß derselbe in der Delegation der ungarischen Krone gerne jenen 
Platz einnehmen will, welcher ihm als einer zur ungarischen Krone gehörigen 
Vertretung der Königreiche Dalmatien, Croatien und Slavonien gebührt, so- 
bald diese Ungewißheit der Lage ein Ende erreicht. Um aber das Ende dieser 
unerträglichen Lage der Ungewißheit zu beschleunigen, welche die Entwicklung 
der heiligsten nationalen Interessen hindert, und das uralte Band zwischen dem 
Königreiche Ungarn und den Königreichen Dalmatien, Croatien und Slavonien 
zu erneuern, ergreift dieser treu ergebene Landtag die durch Ew. Maj. darge- 
botene Gelegenheit, um, an den constitutionellen Cardinalrechten und an dem 
glorreichen Andenken der historischen Vergangenheit festhaltend, als freie Nation 
mit der freien Nation das Werk der Verständigung und Vereinigung mit dem 
Königreiche Ungarn zum beiderseitigen Vortheile auszunehmen und auszufüh- 
ren... Deßwegen naht dieser Landtag mit vollem Vertrauen in die Re- 
gentenweisheit und Gerechtigkeit Ew. Maj. mit der unterthänigsten Bitte, daß 
Ew. Maj. sowohl hinsichtlich der Einverleibung Dalmatiens in diese Kö- 
nigreiche, als auch hinsichtlich der Einverleibung der Militärgrenze im 
Sinne wiederholter allerhöchster Zusicherungen, besonders jener vom 8. Nov. 
1861, ehestens entsprechende Maßregeln allergnädigst zu treffen geruhen mö- 
gen, und dieß um so mehr, als sich die Regelung unserer staatsrechtlichen 
Verhältnisse gegenüber Ungarn und der Gesammt-Monarchie dem gewünschten 
Ziele nähert, und so jener Zeitpunkt herangetreten ist, in welchem auch Ew. 
Maj. die Verhandlung und Lösung dieser Frage in Aussicht zu stellen ge- 
ruhten.. Ueber Fiume schweigt die Adresse gänzlich, protestirt dagegen, 
obwohr in sehr gemäßigten Ausdrücken, gegen die octroyirte Landtagswahl- 
ordnung. 
30. Jan. (Oesterreich). Das Majestätsgesuch des Vorstandes der Bru- 
31. 
derschaft zum heil. Erzengel Michael in Wien, es möge durch die 
Regierungsbehörden ausgesprochen werden, daß die Anwerbung öster- 
reichischer Unterthanen für die päpstl. Armee keinem Anstande unter- 
liege, wird durch Erlaß des Ministers für Landesvertheidigung und 
öffentliche Sicherheit (Graf Taaffe) abschlägig beschieden, 
üUbrigens mit dem Beifügen, daß „nach den Staatsgrundgesetzen jedem 
Staatsbürger unter den gesetzlichen Voraussetzungen das freie Selbstbestim- 
mungsrecht gewahrt sei“. 
„ Delegationen: Ghiczy (Linke) interpellirt in der ungar. Dele- 
gation das Ministerium, indem er an dem Titel „Reichsministerium“ 
Anstoß nimmt und nur „gemeinsame Minister“ kennen will. Beust 
antwortet schriftlich: 
Die Benennung „Reichsministerium“ sei bloß gebraucht, weil sie gleich- 
bedeutend sei mit den Worten „die beiden Theilen der Monarchie gemein- 
samen Angelegenheiten". Das Ministerium strebe dadurch keineswegs eine 
Erweiterung seines Wirkungskreises an. Bezüglich des Verkehrs mit der un- 
garischen Delegation habe das Ministerium aus eigener Initiative ungarische 
Persönlichkeiten gewinnen wollen, es sei ihm aber bisher noch nicht gelungen. 
„ (Oesterreich). Ein Ministerialerlaß constatirt mit Berufung 
auf die betreffende Bestimmung der Grundrechte die Aufhebung der 
Beschränkungen im Erwerb von Liegenschaften für die Juden in 
Galizien und der Bukowina.