Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunter Jahrgang. 1868. (9)

Spanien. 323 
Madrid nach Barcelona und den General Novaliches von Barcelona 
nach Madrid versetzt. 
9. Aug. Die Regierung fühlt, daß sie sich nicht mehr auf die Armee 
stützen kann und ein vertrauliches Circular des Ministers des In- 
nern an die Provinzgouverneure empfiehlt denselben, ihre Stütze 
vielmehr in den Bürgergarden und dem Landsturm zu suchen. Die 
Fragen der öffentlichen Nuhe sowie der bedenklichen Finanzlage fangen 
an die Börse in Aufregung zu setzen. Die Bank macht der Regie- 
rung zur Bestreitung ihrer Bedürfnisse Vorschüsse, für welche diese 
wucherische Zinsen zahlen muß. 
12. Sept. Die Führer der drei Oppositionsparteien (der liberalen Union, 
17. 
der Progressisten und der Demokraten) haben sich nach langen Unter- 
handlungen definitiv geeinigt: alles ist zum entscheidenden Schlag 
vorbereitet. Prim schifft sich in Southampton mit dem Peostschiff 
nach Gibraltar ein. Die verbannten Generale machen sich von ihren 
verschiedenen Aufenthaltsorten eben dahin auf den Weg. 
„Zwischen dem Kaiser der Franzosen in Biarritz und der Königin 
in San Sebastian wird über eine Zusammenkunft unterhandelt, 
welcher die öffentliche Meinung eine ziemlich weit gehende Bedeutung 
zuschreibt. 
„ Admiral Topete erhebt der erste im Hafen dieser Stadt, an Bord 
des Schiffs Zaragosa die Fahne der Empörung. Aufruf des Ad- 
mirals an die Bewohner von Cadix: 
„Ein Seemann, der Euch besondere Auszeichnungen verdankt und nament- 
lich Euer Vertreter im Parlamente gewesen zu sein, richtet das Wort an 
Euch, um Cuch über ein sehr wichtiges Ereigniß Erklärungen, d. h. über die 
feindliche Haltung der Marine der unglückseligen Regierung gegenüber zu 
geben, welche die Geschicke der Nation leitet. Erwartet von mir keine ele- 
ganten Phrasen, sondern bereitet Euch auf ernste Wahrheiten vor. Unser 
unglückliches Vaterland ist seit einer Reihe von Jahren der schrecklichsten 
Dictatur unterworfen; unser Staatsgrundgesetz ist verletzt; die Bürgerrechte 
sind verkannt, die Nationalvertretung eine scheinbare, alle Bande vollständig 
zerrissen, welche ein Volk an den Thron sesseln, eine wahre constitutionelle 
Monarchie bilden sollen. Diese Wahrheiten zu proclamiren, ist gar nicht 
vonnöthen, sie sind im Gewissen Aller eingeschrieben. Uebel von einer solchen 
Bedeutung, ohne von denen zu sprechen, die auf der Marine lasten, erheischen 
analoge Heilmittel. Wir verlangen, wir wollen, daß die gesetzlichen Gewalten, 
Volk und Thron, innerhalb der Kreise functioniren, die ihnen von der 
Verfassung vorgezelchnet sind, daß die erloschene Harmonie und das zwischen 
ihnen zerrissene Band wieder hergestellt werde. Wir wollen, daß die con- 
stituirenden Cortes, im Verständnisse ihrer Mission und getreu ihrem Mandate, 
der Nation eine wahrhafte Aera der constitutionellen Monarchie eröffnen: wir 
wollen, daß die Bürgerrechte von den Regierungen vollständig geachtet wer- 
den, indem sie dieselben als heilige Rechte anerkennen; wir wollen endlich 
eine moralische und aufgeklärte finanzielle Verwaltung. Nur um diesen 
Preis wird das Glück des Vaterlandes von Bestand sein. Bewohner von 
Cadix! Ich komme Eurer Zuneigung entgegen, indem ich mich bei dem 
Kampfe, der heute beginnt, an die Spitze stelle und den ihr mit Eurer wohl- 
bekannten Tapferkeit aushalten werdet.“ 
21“
	        
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