England. 355
Hr. Maguire's irischer Antrag zur Discussion gelange, werde der Graf
v. Mayo im Namen der Regicrung deren Vorschläge im Detail mittheilen
und dem Wohlwollen des Hauses empfehlen.
6. März. Unterhaus: Debatte über die Behandlung der Alabama-Frage.
Dieselbe zeigt, wie sehr sich die Stimmung des Hauses im allge-
meinen und selbst solcher, die sich früher im feindseligsten Tone
gegen die Union ausgesprochen, geändert hat.
Die Debatte wird veranlaßt durch Hrn. Shaw Lefevre. Derselbe lenkt
die Ausmerksamkeit des Hauses auf den Abbruch der bezügl. Unterhandlungen
mit Amerika, und wirft einen möglichst unparteiischen Rückblick auf die bisher
geführte diplomatische Correspondenz. Nicht diese, noch auch der Schaden,
den die „Alabama“ der amerikanischen Schifffahrt zugefügt, habe in Amerika
so große Erbitterung gegen England erzeugt; der Mangel an Sympathie,
der sich in England und in den Reden hervorragender englischer Staats-
männer während des Bürgerkrieges gegen Amerika gezeigt, sei die Haupt-
schuld, daß die englischen Ausgleichungsvorschläge drüben kein geneigtes Ohr
fanden. Seiner Meinung nach sollte England nicht anstehen, der Forderung
Hrn. Sewards nachzukommen, nämlich auch die Frage einem Schiedsgericht
anheimzustellen: ob die frühzeitige Anerkennung der Südstaaten von Seiten
Englands eine billige und berechtigte gewesen sei. Kaum für denkbar halte
er es, daß irgendein Schiedsrichter in diesem letztern Punkt gegen England
entscheiden könnte; und ebenso wenig glaube er, daß, wenn England in
einen Krieg verwickelt würde, die Amerikaner, um sich zu rächen, Kaper-
schisse zur Vernichtung des englischen Handels ausrüsten würden. Vielmehr
würden sie, seiner Ueberzeugung nach, bemüht sein, strenge Neutralität zu
handhaben. Zum Schlusse mahnt er England, einen entgegenkommenden
Schritt zu thun, um den auf dem Pariser Congreß angeregten Gedanken zu
verwirklichen, daß Kriege künftig durch Schiedsgerichte unmöglich gemacht
werden sollen. Sehr zu bedauern sei es, daß Lord Stanley die Gelegenheit
zu einer friedlichen Schlichtung des Alabamastreites unbenützt gelassen habe,
doch stehe zu hoffen, daß er bei der nächsten Veranlassung das Versäumte
nachtragen werde. Lord Stanley spricht sich mit großer Anerkennung über
die eben gehörte klare und maßvolle Auseinandersetzung aus (Hr. Shaw
Lefevre war während des Bürgerkrieges stets entschieden für den Norden auf-
getreten), erwähnt mit tiefem Bedauern den Rücktritt des Hrn. Adams, der
stets bemüht gewesen, einer Störung der freundlichen Beziehungen zwischen
Amerika und England vorzubeugen, und geht sodann auf die Alabama-Frage
über. Beide Staaten haben vermöge ihrer ausgedehnten Besitzungen, Handels-
interessen und Staatsschuldenlasten ein gleich großes Interesse an der Erhal-
tung freundschaftlicher Beziehungen. Angesichts der unglückseligen Streitfrage
konnte England nicht anders handeln, als seinen Standpunkt in gemäßigter
Weise auseinandersetzen, und an eine entsprechende Mäßigung Amerika's ap-
pelliren. Hier wie drüben ist die öffentliche Meinung in der letzten Zeit eine
besonnenere geworden, und wie die Sachen jetzt stehen, erscheint die Streit-
frage auf möglichst enge Grenzen zurückgeführt. Nachdem beide Theile über-
eingekommen, daß alle zweifelhaften Punkte einem unparteiischen Schieds-
gericht vorgelegt werden sollen, blieb nur noch der einzige Punkt unerledigt:
ob dieses Schiedsgericht auch über die Anerkennung der Conföderation als
kriegführende Macht von Seiten Englands ein Urtheil fällen solle? England
erklärte, daß es den Zusammenhang dieses Punktes mit der streitigen Haupt-
frage nicht einsehe, und berief sich mit gutem Recht und Gewissen auf die
unbestreitbare historische Thatsache, daß es die Conföderirten erst dann als
Kriegführende anerkannt habe, als Hr. Seward erklärt hatte, daß die Ver-
einigten Staaten den „Bürgerkrieg“ als eine unvermeidliche Nothwendigkeit
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