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England.
(Schatzkanzler), einem Adullamiten, der neuerdings die Nachbildung der
amerikanischen Staatsverhältnisse und die Reform des Oberhauses auf sein
Programm geschrieben hat, Göschen (Armenpflege), cinem City-Fürsten, und
John Bright. Es läßt sich nicht leugnen, daß Gladstone, Cardwell, Lowe
und Bright im Unterhaus eine Phalanx in der Debatte bilden, gegen welche
die Opposition nur Hrn. Disraeli als ebenbürtigen Kämpfer in's Feld führen
kann. Dagegen wird behauptet, daß dieselben alle in ihrer gegenwärtigen
Stellung eigentlich nicht ganz am Platze seien, und daß daher das Cabinet
künstlich zusammengesetzt und in Wahrheit ziemlich schwach sei. Der schwächste
Punkt ist jedenfalls der Lordkanzler im Oberhause. Der aus Mangel einer
ganz geeigneten Persönlichkeit dazu ernannte Richter Paye Wood gilt zwar
für einen guten Juristen, aber sehr mäßigen Redner und ist jedenfalls dem
abtretenden Lordkanzler Lord Cairns, dem schärfsten und gefährlichsten Tory-
Redner, nicht gewachsen.
10. Dec. Das neue Parlament — das achte unter der Regierung der
15.
Königin Victoria — tritt behufs seiner Constituirung zusammen.
„Das Poarlament wird durch eine kgl. Commission bis nach Neu—
jahr vertagt. Die Rede theilt nur mit, daß, da durch die Annahme
verschiedener Regierungsämter von Seiten gewählter Mitglieder des
Unterhauses mehrere Parlamentssitze erledigt seien, die Königin wünsche,
daß Neuwahlen geschehen möchten, und daß dann zur geeigneten
Zeit das Parlament zur Berathung der ihm vorzulegenden Fragen
zusammentrete.
„Das richterliche Comité des Geheimenraths entscheidet gegen die
sog. Ritualisten der Hochkirche.
Es fragte sich, ob die von den sog. Ritualisten in den Kirchendienst ein-
geführten Ceremonien, die wie die Anwendung von Weihrauch, Kerzen, die
Erhebung des Kelches bei der Consecration, Kniebeugungen und dergl. der
kath. Kirche entlehnt sind, nach den Gesetzen der englischen Staatskirche zu-
lässig seien oder nicht. Zum Austrage ist die Sache gekommen durch die
gegen den Geistlichen einer Londoner Kirche, St. Albans in Holborn, den
Rev. Mackonichie, gerichtete Klage, der in seiner Kirche die ritualistischen
Ceremonien besonders auffallend pflegte. Vom geistlichen Gericht ward an
den Geheimenrath appellirt und der hat nunmehr mit der größten Klarheit
und Bestimmtheit gegen die Ritualisten entschieden. Die Entscheidung geht
von dem Grundsatz aus, daß das Parlament in Zusammenwirkung mit der
Geistlichkeit die höchste Autorität für die Form des Gottesdienstes bilde, und
daß alle Formen verboten seien, welche das Parlament nicht ausdrücklich gut
geheißen habe. Zugleich wird dadurch das durchaus protestantische Princip
neuerdings festgehalten, daß in der englischen Kirche die höchste Gewalt nicht
der Priesterschaft, sondern den Laien zustehe.