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Frankreich.
20. April. Mißlungene Reise des kais. Prinzen nach Cherbourg und Brest.
26.
„Differenz mit dem Bey von Tunis: der franz. Consul droht
demselben mit ernsten Maßregeln.
Schon vor einiger Zeit haben die Consuln von England und Italien
zur Wahrung pecuniärer Interessen ihrer Staatsangehörigen mit dem Bey
von Tunis eine Uebereinkunft abgeschlossen zu dem Zwecke, einen Theil der
Einkünfte der Regentschaft der Tilgung der englisch-italienischen Schuldsor-
derungen zuzuwenden. Damals machten die genannten Consular-Agenten
jenem von Frankreich den Antrag, dem zwischen ihnen und dem Bey abge—
schlossenen Vertrage beizutreten, was dieser jedoch verweigerte. Als später der
Bey von Tunis ein neues Anlehen in Frankreich aufnahm und bald darauf
die Bezahlung der Coupons einstellte, legte die französische Regierung sich
in's Mittel. Nach der Behauptung der letzteren hat der Bey sich erboten,
eine französische Finanz-Commission einzusetzen, welche die Einkünfte des
Staates, insbesondere die Zolleinnahmen überwachen und deren Verwendung
im Interesse seiner französischen Gläubiger bewerkstelligen sollte. Nach einer
andern Angabe war es der Marquis de Moustier, welcher auf der Einsetzung
einer solchen Commission bestand. Als die Consuln von England und Italien
Kenntniß von dem Bevorstehen dieser Maßregel erhielten, verhinderten sie den
Bey durch ihre Beschwerde, das betreffende Decret zu unterzeichnen, da es
früher erworbenem Rechte zuwiderlaufe. Der französische Conful aber erklärt,
er werde seine Beziehungen zum Bardo einstellen, wenn das Decret, durch
welches die in Paris bereits ernannte Commission eingesetzt sei, nicht unter-
zeichnet werde.
5. Mai. Das Pariser Handelstribunal verurtheilt auf die Klage einer
41.
Anzahl Actionärs des Crédit mobilier die HH. Pereiere u. Gen.,
den Subsecribenten auf die zweite Serie von Actien, wodurch das
Gesellschaftskapital von 60 Mill. Fr. auf 120 Mill. gebracht wurde,
die eingezahlten Beträge zurückzuerstatten, und dafür persönlich zu
haften.
Das Urtbeil ist auch ein empfindlicher Schlag für die Regierung und den
Staatsrath. Als der Crédit mobilier seine Actien verdoppelte, war er bereits
bankerott. Der Minister und der Staatsrath, welche die Genehmigung zu
ertheilen hatten, hatten alle Mittel zur Verfügung, um sich die Einsicht in
die wahre Sachlage zu verschaffen. Indem sie die Genehmigung dennoch er-
theilten, haben sie sich gröblich geirrt, und das Publikum, welches an eine
ernsthafte Prüfung glaubte, in einen ruinirenden Irrthum geführt. [„Die
Pereire haben den Schlag vorausgesehen und sind in der Lage, die zurückzu-
erstattenden Beträge aus ihrem ungeheuern Privatreichthum zu bezahlen.
Aber das Urtheil ist eine sittliche Vergeltung und der Anfang einer Wieder-
auspressung übersättigter Schwämme.“!
„ Der Senat nimmt das Preßgesetz mit 96 gegen 24 Stimmen an.
„ Besuch des Kaiserpaars in Orleans. Ansprache des Bischofs
Dupanloup und Antwort des Kaisers.
„ Gesetzgeb. Körper: Beginn der Debatte über die Interpellation
von Pouyer-Quertier gegen den Handelsvertrag mit England und
das Freihandelsprincip.
13/14. Mai. Gesetzgeb. Körper: Debatte über die Handelsfreiheit. Rede
Thiers gegen, des Ministers Forcade de la Roquette für dieselbe.