Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunter Jahrgang. 1868. (9)

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sind mit einer gewissen Vorliebe behandelt. Wer sich nach dieser Karte eine 
Vorstellung von Mittel-Europa machen wollte, müßte auf den Gedanken 
kommen, daß die Niederlande die einzige bewohnte und cidvilisirte Gegend 
seien, während alles Uebrige wie eine große Wüste, gespickt mit einer Anzahl 
Festungen, oder wie ein großes Schlachtfeld erscheint. Den Karten ist folgende 
Erläuterung beigegeben: 
„Diese drei Karten zeigen dem Publikum die Stellung Frankreichs 
Europa gegenüber in drei verschiedenen Epochen: 1) Unter der Restauration: 
Die Verträge von 1815 haben nur Ein Ziel gehabt, nämlich Frankreich 
mit Mächten zu umgeben, welche es durch ihre Festungen und ihre stra- 
tegische Stellung in die Unmöglichkeit versetzen sollten, zu handeln. Im 
Norden richtet sich Holland, welches Belgien besitzt, gegen Frankreich wieder 
auf oder unterhält die Festungen Maestricht, Lüttich, Huy, Namur, Dinant, 
Marienburg, Philixpeville, Bouillon, Charleroi, Mons, Ath, Menin, Mypern, 
Nieumpoort, Ostende, Antwerpen, Tournay, Termonde, Oudenarde und Gent. 
Von Lüttich bis Triest bildet der deutsche Bund ein Ganzes, welches immer 
bereit ist, sich gegen jeden Angriff Frankreichs zu vereinigen. Dieser Bund 
stützt sich auf die Bundesfestungen Mainz, Landau und Luxemburg. Im 
Südosten decken die Alpen unsere Grenzen nicht mehr. Piemont ist auf dieser 
Seite die Vorhut Oesterreichs, welches über die italienische Halbinsel herrscht 
und die Festungswerke von Lesseillon schließen uns den Weg des Mont-Cenis. 
2) Unter der Juli-Regierung: Die belgische Revolutien hat unsere Stellung 
verbessert. Die gegen uns errichteten Festungen Menin, Ath, Mons, Phi- 
lippeville und Marienburg sind geschleist (Vertrag vom 14. December 1831). 
Die französische Regierung hat Paris und Lyon befestigt, die verschanzten 
Lager von Langres und VBésort und den Platz des Rousses geschaffen und alle 
Vertheidigungswerke der östlichen Plätze, besonders von Soissons, Sédan und 
Bitsch verbessert. Der Bund der heiligen Allianz ist erschüttert. Piemont 
zieht sich von Oesterreich zurück, aber der deutsche Bund bildet, von dieser 
letzteren Macht und von Preußen gestützt, im Jahr 1847 eine Agglomeration 
von 70 Mill. Seelen. Die Bundesfestungen, welche eine aus Oesterreichern 
und Preußen gemischte Besatzung haben, haben sich um Rastatt vermehrt, 
welches am 16. März 1842 für eine Bundesfestung erklärt wird. Um die- 
selbe Zeit wird Ulm befestigt und unter die Huth Württembergs und Bay- 
erns gestellt; die schon 1836 errichteten Werke von Germersheim werden den 
bayerischen Truppen anvertraut. Der deutsche Bund zerfällt in zehn Armee- 
corps mit einer Reserve-Division, welche in Kriegszeiten ungefähr 460,000 
Mann zählen können. Die preußischen und österreichischen Truppen der dem 
Bunde nicht angehörigen Länder können diese Zahl noch vermehren; denn 
man hat in dem schleswig'schen Feldzuge ungarische, croatische und italienische 
Bataillone an der Seite der Preußen im Namen der deutschen Nationalität 
Krieg führen sehen, 3)) Unter dem zweiten Kaiserreich hat Frankreich auf 
der Alpenseite seine natürlichen Grenzen wiedergefunden; die Werke von 
Lesseillon sperren ihm nicht mehr die Straße des Mont-Cenis, Italien ist 
von dem österreichischen Joche befreit. Im Norden hat Holland die Bande 
zerrissen, welche es durch Limburg und Luxemburg an den deutschen Bund 
knüpften. Der deutsche Bund ist aufgelöst worden, die Bundesfestungen haben 
aufgehört, zu existiren. Mainz ist von Preußen allein besetzt, Landau und 
Germersheim gehören Bayern und stehen unter dessen Huth, Rastatt ist von 
badischen Truppen besetzt und Ulm von Bayern und Württembergern. 
Preußen ist merklich vergrößert, aber im Ganzen ist das europäische Gleich- 
gewicht nicht zum Nachtheile Frankreichs vernichtet worden. Vor den letzten 
Ereignissen konnten Preußen und Oesterreich zusammen als Herren Deutsch- 
lands uns eine Bevölkerung von 80 Mill. Menschen entgegenstellen, welche 
durch Verträge und durch eine furchtbare militärische Organisation mit ein- 
ander vereinigt waren. Heute sind die Mächte, welche Frankreich umgeben,
	        
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