Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunter Jahrgang. 1868. (9)

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Italitn. 
trag Crispi's (Linke), die Berathung bis nach den organischen Re- 
formen zu vertagen, d. h. abzulehnen, mit 213 gegen 103 Stim- 
men (die Rechte, die Mittelpartei und 3 Permanente gegen die 
Linke, die Ratazzianer und die Mehrheit der Permanenten) und 
beschließt, das Mahlsteuergesetz zu berathen, die definitive Abstim- 
mung aber bis nach Berathung der anderen Finanzmaßregeln zu 
verschieben, um alle zusammen möglicher Weise in einem einzigen 
Gesetze zusammen zu fassen. 
15. März. Die Neuwahl des Gemeinderaths von Neapel ergibt eine starke 
19. 
21. 
Majorität der Gemäßigten, während bisher die Radicalen die große 
Mehrheit gebildet haben. 
„ Eine Depesche Moustier's nach Florenz theilt dem italienischen 
Cabinet mit, daß die römische Regierung gegen den am 24. Januar 
vorgeschlagenen modus vivendi, namentlich eine Zolleinigung, zahl- 
reiche Einwendungen zu machen habe und verlangt nähere Erläu- 
terungen. 
„ II. Kammer: Der Finanzminister legt das Budget für 1869 
vor und knüpft daran neuerdings eine sehr einläßliche Schilderung 
der Finanzlage. « 
Cambray-Digny hält es für nothwendig, nochmals alle die Gründe auf- 
zuzählen, welche die Genehmigung der Mahlsteuer der Kammer zur unab- 
weisbaren Pflicht machen. Da die Nothwendigkeit einer neuen einen mög- 
lichst großen Theil der Bevölkerung treffenden Steuer nachgerade von allen 
zugestanden wird, so betonte der Minister namentlich, warum er gleich seinen 
Vorgängern die Mahlsteuer jeder andern vorziehen müsse. Für eine indirecte 
Steuer spreche der Umstand, daß in Italien die indirecten zu den directen 
Steuern im Verhältniß von 3 zu 2 stünden, während dieselben sich in Eng- 
land wie 9 zu 2, in Frankreich wie 7 zu 2 verhielten. Daraus erhelle, daß 
die vielfach empfohlene Kopfsteuer schon als directe Steuer nicht räthlich sei, 
ganz abgesehen davon, daß sie höchstens 50 Mill. abwerfen könnte. Eine 
Steuer auf die Production sei in Italien völlig unanwendbar. Eine Steuer 
auf die Getränke werde ohnehin eingeführt werden müssen, wenn man zur 
Herstellung des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben gelangen 
wolle. Das von dem Minister vorgelegte Budget für 1869 veranschlagt die 
gewöhnlichen Einnahmen auf 775,531,835 Fr., die außergewöhnlichen auf 
28,984,908 Fr., die gewöhnliche Ausgabe auf 947,611,031, die außer- 
gewöhnliche auf 62,651,221 Fr., das Gesammtdeficit auf 199,745,509 Fr. 
(18,331,918 Fr. weniger als das Deficit von 1868). Allein der Minister 
hofst, daß dasselbe sich durch Annahme seiner Vorschläge und zumal der 
Mahlsteuer, welche 76 Mill. ertragen soll, auf etwa 60 Mill. ermäßigen lasse. 
Die Frage, ob die Zustände des Landes derart seien, daß sie die neue Be- 
lastung gestatleten, könne natürlich nicht mit mathematischer Sicherheit be- 
antwortet werden. Aber es sei eine Thatsache, daß Italien in den letzten 
Jahren 3—400 Mill. in öffentlichen Obligationen angelegt habe, was auf 
bedeutende Ersparnisse hindeute. Ferner werde durch die statistischen Auf- 
stellungen das Wachsthum des Handels dargethan. Schließlich sei es weder 
wahr, daß viele Fabriken hätten geschlossen werden müssen, noch daß die 
Auswanderung in beunruhigendem Maßstabe zugenommen habe. Immerhin 
gab der Minister zu, daß die Auswanderung die regelmäßige Zunahme der 
Bevölkerung übersteige. «
	        
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