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Schweiz.
26. Aug. (Genf.) Der Gr. Rath beschließt nach einläßlichen Verhand-
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lungen mit 48 gegen bloß 4 Stimmen, der Volksabstimmung, die
einen gleichen Antrag im J. 1866 verworfen, einen Gesetzvorschlag
zu unterstellen, der alle Unterschiede zwischen Alt- und Neugenfern
aufhebt und auf dem Gebiete der Armenpflege und der öffentlichen
Unterstützungsfonds völlige Gleichberechtigung herstellt.
In der Debatte werden die Bestrebungen der Katholiken und die An-
strengungen des „Bischofs“ (in partibus) Mermillod, den der Staat nur
als kath. Stadtpfarrer von Genf und Delegirten des Bischofs von Freiburg
anerkennt, vielfach einer scharfen Kritik unterworfen.
„ (Zürich). Wiederzusammentritt des Verfassungsrathes. Der-
selbe beschließt ohne Gegenantrag, auf den ihm von seiner Commis-
sion vorgelegten Verfassungsentwurf einzutreten und erklärt sofort
mit 196 gegen 6 Stimmen die Todes= und die Kettenstrafe für
abgeschafft.
7. Sept. (Zürich). Der Verfassungsrath lehnt die Einführung der
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obligatorischen Civilehe mit 132 gegen 57 Stimmen ab und be-
gnügt sich mit der facultativen.
„ (Genf). Gr. Rath: Der gesammte kath. Clerus des Kantons
protestirt gegen die wider den Bischof Mermillod gefallenen Aeußer-
ungen und der Protest gibt einigen kath. Großräthen zu sehr pro-
vocirenden Aeußerungen Anlaß:
Der kath. Deputirte Nallet ruft seinen protestantischen und seinen anders
denkenden kath. Collegen zu: „Wir fürchten euch nicht, der kath. Clerus ist
durch sich selbst garantirt. Ihr werdet uns und den Clerus nie dahin brin-
gen, den Nacken zu beugen. Wir werden euch zum Trotz dabei beharren,
Msgr. Mermillod unsern Bischof zu nennen, und bald werden wir sagen:
unser Bischof von Genf! Ueberlegt es wohl: wir werden uns zeigen, laßt
nur die Wahlen herbeikommen!“
Der Gr. Rath beschließt auf den Antrag seiner Commission mit
großer Majorität, Hrn. Mermillod auch ferner nicht als „Bischof“,
sondern lediglich als kath. Stadtpfarrer und Delegirten des Bischofs
von Freiburg anzuerkennen.
„ (Zürich). Verfassungsrath; Der Artikel des Entwurfs: „Das
Volk übt die gesetzgebende Gewalt unter Mitwirkung des Kantons-
rathes selbst aus“ wird mit 115 gegen 60 Stimmen angenommen.
„ (Zürich). Verfassungsrath: Die Einführung des reinen Refe-
rendums wird mit 139 gegen 45 Stimmen beschlossen.
„ (Zürich). Verfassungsrath: Die Einführung der Volksinitiative
in die neue Verfassung wird mit 125 gegen 62 Stimmen be-
schlossen.
„ (Zürich). Der Verfassungsrath verwirft die Aussetzung von
Diäten für die Mitglieder des Kantonsraths und setzt für dieselben
bloß (sehr geringe) Reiseentschädigungen aus.