450
Schweiz.
Die Sitzungen werden von dem gegenwärtigen Präsidenten Prof. Gust.
Vogt eröffnet und geleitet. Die Verhandlungen sind viel ruhiger und ge—
mäßigter als die vorjährigen in Genf. Die Versammlung zählt übrigens
auch nur ca. 150 Mitglieder, Franzosen, Deutsche, Schweizer, Italiener, einen
Vertreter der englischen Reformliga und Bakunin mit einem Gefolge junger
Nussen. Die Anträge des Ausschusses werden mit geringen Abänderungen
sämmtlich angenommen, dagegen Bakunin's communistische Vorschläge abge-
lehnt, worauf derselbe mit den anderen Nussen aus der Liga auszutreten er-
klärt. Das neue Reglement für die Liga lautet: I. Die Liga wird
aus einzelnen Mitgliedern, Sectionen und beitretenden Vereinen bestehen,
und deren Repräsentation im Centralausschuß soll sich im Verhältniß zur
Zahl der Mitglieder dieser Sectionen oder Vereine gemäß dem Entscheide
des Centralausschusses selbst verhalten. Die Abstimmung nach Nationalitäten
ist von nun an im Schooße des Ausschusses aufgehoben, da sie im Wider-
spruch mit dem Princip der Liga selbst ist. II. Jedes Einzelmitglied oder
Mitglied einer Section ist gehalten, einen Beitrag von 10 Cent. per Monat
zu bezahlen. Die beitretenden Vereine werden selbst ihren Beitrag und die
Zahl ihrer Abonnements auf das Blatt „Die Vereinigten Staaten von Eu-
ropa“ bestimmen. Die Friedens= und Freiheits-Liga wird immer mit Sym-
pathie die Entscheidungen, selbst einfache Freundschaftsbezeugungen aller Grup-
pen von Bürgern und besonders der Arbeiter-Gesellschaften entgegennehmen.
III. Die Mitglieder des Centralausschusses werden jedes Jahr vom Congreß
ernannt. Sie ernennen ihr Bureau. IV. Mit Beziehung auf Frankreich
und Preußen, welche bei dem gegenwärtigen Zustand der Gesetzgebung dieser
Länder nicht durch Vereins-Delegirte vertreten werden können, wird sich der
Ausschuß französische und preußische correspondirende Mitglieder beigesellen,
welche mit den Mitgliedern des Ausschusses zu stimmen befugt sein werden,
wann sie seinen Sitzungen beiwohnen. V. Der Präsident ist befugt, so oft
er es für nothwendig erachtet, alle Sectionen oder Associationen von Bei-
getretenen, sowie die correspondirenden französischen und preußischen Mitglie-
der beizuziehen. VI. Jeder Beigetretene ist befugt, im Congreß zu stimmen,
und kann überdieß für eine Stimme eine beitretende Gesellschaft oder Section
vertreten. VII. Niemandem wird gestattet, an den Berathungen des Con-
gresses theilzunehmen, als nach Vorweis einer persönlichen Karte, welche ihm,
sei es von den Lokalcomité's, sei es von dem Centralausschuß, auf Grund
einer Beitrittserklärung zu dem als Basis der Verhandlungen des zweiten
Friedenscongresses veröffentlichten Programm ausgestellt wird. — Eine von
dem ehemaligen Nationalrath und Waadtländer Staatsrath Cytel beantragte
Adresse an die Bewohner der Rheinprovinzen, in welcher die
Völker Deutschlands und Frankreichs zu einer Protestation gegen den zwischen
beiden Ländern drohenden Krieg aufgefordert werden sollen, wird den Secktio-
nen deutscher und französischer Nationalität, als dieselben zunächst angehend,
zur Redaction überwiesen und in folgender Fassung beschlossen: „Die deutsche
und französische Nation ist von den betreffenden Regierungen mit Krieg be-
droht. Dieser Krieg würde ein Bürger= und Bruderkrieg sein. Beide Völker
weisen daher diesen Krieg mit Abschen zurück. Weder die deutsche noch die
französische Demokratie will eine Veränderung der Ländergrenzen. Nur ein
Wettstreit kann zwischen der deutschen und französischen Nation stattfinden:
nämlich der Wettkampf in Förderung der Freiheit, der Blldung und der
Völkerwohlfahrt. Der Bund der deutschen und der französischen Demokratie
bietet Garantie für den Frieden und die Freiheit Europa's."
27. Sept. (Genf). Das sog. Hospitalgesetz, das noch im Jahr 1866
von der Generalversammlung verworfen worden war, wird dießmal
mit großer Majorität gegen die Bestrebungen einer Anzahl Alt-
Calvinisten angenommen.