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Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1868.
Frank= und so viel zu retten, als noch zu retten war. Mit einem Schlage
eich. hatte sich Frankreich überzeugt, daß ihm Preußen, sowohl was die
Organisation seiner Streitkräfte als die Bewaffnung derselben be-
traf, verhältnißmäßig überlegen war und der Entschluß Napoleons
stand denn auch sofort fest, das Versäumte mit aller Energie nach-
zuholen. Kaum war der Friede allseitig wieder hergestellt, so er-
nannte der Kaiser (26. Oct. 1866) eine zahlreiche Commission von
Ministern, Marschällen und Generalen, um eine Reform der Heeres-
organisation vorzubereiten und wurde Marschall Niel an die Spitze
des Kriegsdepartements gestellt, um, ohne Rücksicht auf die Kostenfrage,
die durch das mexicanische Unternehmen sehr gelichteten Kriegsvorräthe
aller Art in kürzester Zeit wieder zu vervollständigen, ja selbst die
Festungen für alle Fälle in brauchbaren Zustand zu stellen. Niel
entledigte sich dieser Aufgabe mit einem Eifer ohne Gleichen und
steht seither unzweifelhaft an der Spitze der Kriegspartei in Frank-
reich, die nicht nur zu einer Entscheidung gegen Preußen und Deutsch-
land bereit sein will, sondern diese Entscheidung trotz aller gelegent-
lichen Friedensversicherungen, welche die Politik des Cabinets ver-
langt, herbeiwünscht und geradezu anstrebt. Noch im Jahre 1867
wurden die Kriegsvorräthe aller Art in großartigem Maßstabe be-
schafft und auch die Umwandlung der Infanteriebewaffnung in Hinter-
lader nach preußischem Vorgange in demselben Jahre größtentheils
durchgeführt: bei Mentana (Oct. 1867) konnten die Chassepots be-
reits ihre erste befriedigende Probe bestehen. All das war wesentlich
nur eine Frage des Geldes und das wurde nicht gesparte um Frank-
reich seinen alten Anspruch, die erste Militärmacht Europa's zu sein,
zu erhalten. Bei dem nichts weniger als befriedigenden Zustand der
französischen Finanzen unter dem zweiten Kaiserreiche mußte dazu
später freilich ein nicht unbeträchtliches Anlehen contrahirt werden,
zu dem indeß der gesetzgebende Körper nach einigem Sperren doch
ohne allzu große Schwierigkeit am 29. Juli 1868 seine Zustimmung
mit 213 gegen 16 Stimmen ertheilte. Der größte Theil desselben
war eben für Kriegsrüstungen längst ausgegeben. Nicht so schnell
ging es dagegen mit der durch die Heeresreform beabsichtigten Ver-
mehrung der Streitkräfte des Landes, die nicht, auch nicht vorläufig,
durch kaiserl. Decrete bewerkstelligt werden konnte, sondern mit dem
gesetzgeb. Körper vereinbart werden mußte. Und das war schwierig: