562 Uebersicht der Ereigulsse des Jahres 1868.
Itallen. sichten auf Rom vorerst ein Ende, wenn auch Italien seinerseits
auf dasselbe keineswegs verzichtete und das Nouher'sche „Niemals“
auch unmöglich das letzte Wort Frankreichs sein konnte. Aber Zeit
und Gelegenheit mußten jedenfalls ruhig abgewartet werden und
Italien sah sich daher fast mit Gewalt auf seine inneren Angelegen-
heiten zurückgeworfen und gezwungen, die Ordnung derselben ernst-
licher als bisher in die Hand zu nehmen. Zunächst fürchtete die
aufgeregte öffentliche Meinung von dem neuen Ministerium Menabrea
allerlei reactionäre Maßregeln. Allein bald überzeugte sie sich, daß
dies keineswegs der Fall war; Italien bietet dazu vorerst noch keinen
Boden. Menabrea, der überdieß mehr oder weniger zur katholischen
Partei hinzuneigen schien, gab auch in dieser Beziehung keinerlei
Anstoß, sondern schloß sich vollständig der bisher von den verschie-
denen Ministerien seit Cavour befolgten Politik bezüglich Roms an;
auch für eine starke katholische Partei bietet Italien trotz seiner
schroffen Stellung gegen die Curie merkwürdiger Weise vorerst keinen
günstigen Boden. Dagegen fand Menabrea in dem Grafen Cambray-=
Digny einen Finanzminister, der die Herstellung des Gleichgewichts
im Budget mit Energie und Gewandtheit in die Hand nahm und
eine Reihe eingreifender Finanzmaßregeln, namentlich die Einführung
der Mahlsteuer und die Verpachtung des Tabakmonopols, im Par-
lament glücklich durchsetzte, wodurch eine erhebliche Vermehrung der
Einnahmen in Aussicht trat, obgleich ohne erkleckliche Ersparnisse,
die nicht oder wenigstens nicht energisch und umfassend genug ver-
sucht wurden, eine Beseitigung des Deficits kaum wird erzielt wer-
den können. Die öffentliche Meinung zeigte sich trotz der schweren
Steuerlast, die schon auf das Land drückte, äußerst opferwillig und
wenn die Regierung bis heute mit ihren Absichten nur theilweise
durchdrang und sich noch weit vom Ziele entfernt sieht, so liegt die
Schuld hauptsächlich an der radicalen Opposition, die stark genug
ist, jener alle Augenblicke alle nur möglichen Schwierigkeiten zu be-
reiten und in der Wahl der Mittel zu diesem Zwecke allerdings
nichts weniger als wählerisch, selber aber vollkommen unfähig ist,
irgend etwas positives zu schaffen oder der Regierung eine andere
Nichtung ihrer Politik auch nur vorzuzeichnen. Der ganze Umfang
ihrer Bestrebungen löst sich in leere Phrasen ohne allen praktischen
Inhalt auf und es war nur zu bedauern, daß sich der größte Theil